2015-03-05 08:09:00

Immer mehr Frauen im Vatikan


Die Zahl der Frauen, die im Vatikan beschäftigt sind, ist in den vergangenen Jahren immer weiter angestiegen. Das haben Nachforschungen des deutschsprachigen Programms von Radio Vatikan bei den zuständigen Stellen im Vatikan ergeben. Im Bereich des Governatorates – der Stadtverwaltung des Vatikanstaates – sind heute nahezu doppelt so viele Frauen beschäftigt wie vor zehn Jahren. Im genannten Zeitraum stieg ihre Zahl von 195 auf 371. Auch in relativen Zahlen ist die Entwicklung deutlich. 2004 waren knapp 13 Prozent der päpstlichen Bediensteten im Vatikanstaat weiblich, 2014 waren es bereits mehr als 19 Prozent.

Ähnlich der Befund beim Heiligen Stuhl, der Verwaltung der Weltkirche. 2014 wirkten in den vatikanischen Kurienbehörden und den angegliederten Einrichtungen, wie beispielsweise Radio Vatikan, 391 Frauen, das entspricht gut 18 Prozent. Die vom Personalbüro des Heiligen Stuhles gelieferten Zahlen reichen allerdings nur vier Jahre zurück, weil die elektronische Datenerfassung erst damals einsetzte. Vor vier Jahren, 2011, hatten 288 Frauen eine Stelle in einer der Kurienbehörden, in relativen Zahlen waren das 17 Prozent aller Angestellten.  Für das Governatorat wie für den Heiligen Stuhl gilt: in den vergangenen Jahren bis einschließlich 2013 wurde immer mehr Personal eingestellt. Die Zahl der weiblichen Vatikan-Angestellten stieg dabei rascher als die der männlichen.

In anderen Worten: fast ein Fünftel der päpstlichen Belegschaft sind heute weiblichen Geschlechts. In absoluten Zahlen arbeiteten letztes Jahre 762 Frauen im Vatikan. Haushälterinnen etwa bei Kardinälen sind in der Statistik nicht berücksichtigt, da sie keine Arbeitsverträge mit dem Vatikan haben.

Die Qualifikation der beim Papst beschäftigten Frauen lässt sich am Dienstgrad ablesen. Hier zeigt sich ein Unterschied zwischen dem Vatikanstaat und dem Heiligen Stuhl: Die weiblichen Angestellten beim Heiligen Stuhl sind im Schnitt höher qualifiziert als ihre Kolleginnen im Bereich des Governatorates. Letztere gehören mehrheitlich Dienstgrad 4 - von insgesamt zehn - an und arbeiten zumeist als Verkäuferinnen, etwa in den diversen Bücherstuben der Vatikanischen Museen oder im Supermarkt. Hingegen halten die Frauen des Heiligen Stuhles im Schnitt bei Dienstgrad 7, ab dem im Allgemeinen ein Studienabschluss verlangt wird. Den Zahlen aus dem Personalbüro zufolge sind 41 Prozent der Frauen, die beim Heiligen Stuhl beschäftigt sind, Akademikerinnen. Sie wirken beispielsweise als Abteilungsleiterinnen in den Kurienbehörden, als Archivarinnen, Historikerinnen oder Journalistinnen.

Weiterhin rar sind Frauen in echten vatikanischen Spitzenpositionen, die über  Dienstgrad 10 hinausgehen. Zur Zeit gibt es in den Kurienbehörden - Kongregationen und Päpstliche Räte - zwei weibliche Untersekretäre. Der Untersekretär entspricht in etwa einem weltlichen Staatsminister und gehört zur meist dreiköpfigen Führungsriege  eines päpstlichen “Ministeriums”. An der Ordenskongregation wirkt die italienische Schwester Nicoletta Spezzati, am Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden die Italienerin Flaminia Giovanelli. Die erste Frau in einer solchen Leitungsfunktion ernannte Papst Paul VI. in Gestalt der Australierin Rosemary Goldie (1916-2010), die 1967 bis 1976 als einer der beiden Vizesekretäre am päpstlichen Laienrat wirkte. Goldie war bereits lange in Pension, als 2003 der späte Johannes Paul II. einen ersten weiblichen Untersekretär – damals die Salesianerin Don Boscos Schwester Enrica Rosanna  – an die Ordenskongregation berief. Mehr als drei Viertel aller Ordensleute auf der Welt sind Frauen.

Was die Frage von Frauen in kirchlichen und insbesondere vatikanischen Führungspositionen betrifft, scheint sich ein Kurswechsel anzudeuten. Papst Franziskus hat bereits mehrmals dazu aufgerufen zu überlegen, wie Frauen besser in entscheidende Positionen in der Kirche eingebunden werden können, ohne sie freilich zu „klerikalisieren“.

Die Anfänge weiblicher Beschäftigung im Vatikan reichen exakt 100 Jahre zurück, wie Radio Vatikan herausfand. Am 1. Februar 1915 nahm die Hilfsarbeiterin Anna Pezzoli ihren Dienst in der Floreria auf, dem päpstlichen Ausstattungsamt. Bereits ab 1929 fanden die ersten Akademikerinnen beim Papst Beschäftigung. Sie erstellten an der Vatikan-Bibliothek einen Handschriftenindex. In größerem Maßstab begannen Frauen im Vatikan erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu arbeiten. 

 

Eine Recherche von Gudrun Sailer.

(rv 05.03.2015 gs)








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