2015-03-02 11:56:00

Morgenmesse: „Aber ich bin’s doch gar nicht gewesen...“


 Urteile über den Nächsten zu fällen, ist einfach. Auf dem Weg des Christen kommt man aber nur voran, wenn man die Weisheit hat, sich selbst anzuklagen und die Schuld nicht nur bei anderen zu suchen. Das sagte Papst Franziskus an diesem Montag bei seiner Morgenpredigt. Die liturgischen Texte des Tages kreisen um das Thema Barmherzigkeit, der Papst erinnerte daran, dass alle Sünder seien, auch wenn wir das nicht immer wahrhaben wollten.

 „Wir alle sind Meister darin, uns selbst zu rechtfertigen: Aber ich bin’s gar nicht gewesen, es ist nicht meine Schuld, aber er war doch nicht so schlimm... Wir alle haben Ausreden für unsere Schwächen, unsere Sünden, und immer können wir dieses Unschuldsgesicht machen, das sagt ‚Ich? Keine Ahnung, das muss ein anderer gewesen sein.’ Aber so geht es im christlichen Leben nicht weiter.“

Der erste Schritt sei also der, sich selber anklagen. Wenn ich bei mir selbst etwa Neid entdecke und weiß, dass dieser Neid dazu führt, dass ich schlecht über jemanden spreche und ihn moralisch töte, dann ist es weise, mich selber anzuklagen, so der Gedankengang des Papstes. 

Schon als Verantwortlicher für die Ausbildung im Jesuitenorden in Argentinien hat Pater Bergoglio einen kurzen Text geschrieben, „Über die Selbstanklage“, in dem er dieser geistlichen Dynamik nachgeht. Seit einem Jahr liegt der Text auch auf deutsch vor. 

Der Papst unterstrich noch eine weitere Tugend: Scham zu empfinden vor Gott, und das in einem Dialog, nämlich indem wir die eigene Schuld anerkennen. „Bei dir, Herr, unser Gott, ist Barmherzigkeit und Vergebung. Die Schande ist bei mir, und die Barmherzigkeit und die Vergebung bei dir. Dieses Gespräch mit Gott zu halten, tut uns gut während der Fastenzeit. Klagen wir uns selber an, bitten wir um Barmherzigkeit! Im Evangelium sagt Jesus ganz klar: ‚Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist’. Und so ist der, der sich selbst anklagt, auch barmherzig mit anderen. ‚Wer bin ich, zu urteilen, wenn ich dazu fähig bin, noch viel Schlimmeres zu tun?’“.

Der Satz „Wer bin ich, zu urteilen“ rühre von der Ermahnung Jesu her, so der Papst: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet!“

(rv 02.03.2015 ord)








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