2015-02-26 14:12:00

Vatikan: Letzte Ruhe für einen Obdachlosen


Ein flämischer Obdachloser, der seine letzte Ruhestätte im Vatikan fand: Seit die römische Tageszeitung „Il Messaggero“ über diese ungewöhnliche Beisetzung berichtete, kommt das Sekretariat im sonst so stillen Camposanto teutonico nicht mehr zur Ruhe; Presseleute fragen nach Willy Herteleer, der hier, auf dem deutsch-flämischen Gottesacker, wenige Schritte vom Petersdom, begraben wurde. Der aus Antwerpen stammende Belgier lebte seit 30 Jahren in Rom und besuchte jeden Morgen um 7 Uhr die Messe in S. Anna, der Pfarrkirche des Vatikans. Wie es kam, dass er – am 9. Januar 2015 - am Camposanto Teutonico beigesetzt wurde, erklärt Rektor Hans-Peter Fischer im Gespräch mit Radio Vatikan so:

„Ein Mitbruder der Erzbruderschaft – der Camposanto wird ja getragen von Frauen und Männern, Laien – ein Mitbruder hat mich in Kenntnis gesetzt vom Tod von Herrn Herteleer, Ende des letzten Jahres. Und hat dann die Frage aufgeworfen ob es nicht möglich sei ihn auf unserem Friedhof zu bestatten.“

Damit das geschehen konnte, mussten die Statuten der Erzbruderschaft großzügig interpretiert werden. Denn an sich ist der Camposanto eine sehr exklusive Grablege: Ausschließlich Angehörige der Erzbruderschaft und bestimmter Ordenshäuser, in beiden Fällen zwingend aus dem deutsch-flämischen Sprachraum, können hier zur letzten Ruhe gebettet werden.

„Eine Passage in unseren Statuen besagt, dass auch Pilger aus dem deutschen, flämischen, niederländischen Sprachraum hier bestattet werden können.  Herr Herteleer hat 30 Jahre in Rom gelebt, er war ein langer Pilger, und einer der auch Menschen zu Gott geführt hat, der Missionar auf der Straße war, Missionar ohne Obdach, der auch als Obdachloser bei den Obdachlosen leben wollte, aber auch eine missionarische Aufgabe darin sah. Insofern wirklich ein Pilger.“

Es war ein schlichter, stiller Akt christlicher Nächstenliebe, Willy Herteleer im Camposanto beizusetzen.

Willy Herteleer war Jahrgang 1935. Er starb am 12. Dezember 2014 im Krankenhaus Santo Spirito unweit des Vatikans; da ihn dort zunächst niemand identifizieren konnte, blieb er in der Totenhalle. Unterdessen fragte sich der Pfarrer von S. Anna, Pater Bruno Silvestrini, nach dem Verbleib seines Schützlings. Am Ende fand er den Leichnam. Er wird den flämischen Obdachlosen so in Erinnerung behalten:

„Er war eine ganz offene Persönlichkeit und hatte viele Freundschaften geschlossen; viele, auch Priester brachten ihm hin und wieder Essen. Er redete mit den Jugendlichen, über Gott, über den Papst, er lud sie ein, zur Messe mitzukommen“, erzählt Pater Silvestrini, und: „Er war reich, groß im Glauben.“

Dem deutschen Priester Stefan Heid, Direktor des Römischen Instituts der Görresgesellschaft mit Sitz am Camposanto, erzählte Willy Herteleer, er sei ein Konvertit gewesen. Viele Tausend Menschen hätten den Flamen gewissermaßen „namenlos“ gekannt, sagt Heid, „weil er immer am Petersplatz stand an der Stelle, wo die Leute an der Sicherheitskontrolle für den Petersdom gewartet haben. Und dort hat er immer gestanden und alle paar Minuten gesagt: confessare, confessare. Er rief die Leute auf zum Beichten.“ Herteleer habe „ganz sauber und in einer gewissen Würde“ gelebt. „Aber er klagte immer über bedenkliche Herz-Beschwerden, sodass mich sein Tod nicht ganz überrascht, obgleich ich wirklich traurig bin, weil er ein sehr liebenswerter Mann war, der niemandem irgendwie zu nahe getreten ist, aber diese tägliche Mission erfüllt hat, den ganzen Tag am Petersplatz zu stehen und entweder dort oder vor der Porta di S. Anna die Menschen zur Beichte aufzurufen.“

Nur wenige Meter entfernt vom Camposanto Teutonico residiert in der Casa Santa Marta Papst Franziskus, der sein Herz für  Obdachlose schon oft bewiesen hat. Nein, es war nicht der Papst, der den Camposanto bat, ein Grab für Willy Herteleer zu finden, berichtet Rektor Fischer; „aber ich denke, es ist sicher in seinem Sinne“. In einem einzigen anderen Fall aber habe der Papst tatsächlich eine solche Bitte dem Camposanto vorgetragen. Rektor Fischer:

„Ein kleiner Junge aus seiner Diözese Buenos Aires ist vor zwei Jahren verstorben, und dieser Junge hatte gebeten, er war sterbenskrank, man möge seine Asche auf dem Gelände des Vatikan ausstreuen. Und Papst Franziskus hat uns über seinen Sekretär gebeten, die Asche – aber anonym – zu bestatten. Das war 2013. Aber auch das haben wir ohne großes Aufhebens gemacht. Wie gesagt, wir verstehen uns auch als eine Gemeinschaft derer, die für die Verstorbenen beten, die Toten bestatten, das ist ein wichtiges Proprium unserer Gemeinschaft.“

Das Kind aus Argentinien und der obdachlose flämische Missionar: Beide haben in der Pilgergruft des Camposanto Teutonico ihre letzte Ruhestätte gefunden.

(rv 26.02.2015 gs)








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