In Bosnien-Herzegowina freuen sich nicht nur die Katholiken, sondern auch alle
anderen auf Papst Franziskus. Das sagte der Vorsitzende der bosnischen Bischofskonferenz,
Bischof Franjo Komarica, im Gespräch mit Radio Vatikan. Franziskus besucht das Balkanland
am 6. Juni, wie er vor einer Woche beim Angelusgebet ankündigte. Nicht zur Debatte
stand Komarica zufolge ein Papstbesuch in Medjugorje, dem kirchlich nicht anerkannten
Ort angeblicher Marienerscheinungen im Süden von Bosnien-Herzegowina. Komarica, der
Bischof von Banja Luka, sieht sein Land 20 Jahre nach Endes des Bosnienkrieges immer
noch in einer dramatischen Krise. Die katholische Kirche im Land sei „dazu verurteilt,
ausradiert zu werden“; er erhofft sich von Franziskus „einen Beitrag zur Konsolidierung
der Gemeinschaft unter uns“ im Sinn eines gerechten Friedens, so Komarica.
Komarica misst dem Besuch von Papst Franziskus eine hohe Bedeutung bei. In keinem
anderen Land in Europa sei die Lage so prekär wie in Bosnien-Herzegowina. Auch 20
Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges (1992-1995) stehe das Land noch nicht auf eignen
Füßen. Das liegt für den Bischof von Banja Luka bereits im Kern des damals gegründeten
Staates. Mehrere Politiker, die nach dem Krieg den neuen Staatsvertrag unterzeichneten,
hätten ihm erzählt, dass der Vertrag falsch konzipiert sei. Auch der damalige deutsche
Bundeskanzler Helmut Kohl habe dies bestätigt, so Komarica. Es sei damals nur darum
gegangen, den Krieg zu stoppen. Nun bräuchte das Land politische Änderungen, um wirtschaftlich
Aufschwung und mehr Gerechtigkeit in das Land zu bringen.
Die Völker in Bosnien-Herzegowina sind verschiedenen Religionen bzw. Konfessionen
zugeordnet, es gibt muslimische, orthodoxe und katholische Gläubige. Gerade die Katholiken
haben Bischof Komarica zufolge einen schweren Stand. Die Hälfte der katholischen Gläubigen
sei aus Bosnien vertrieben worden und könne bis heute nicht zurückkehren. Neben der
wirtschaftlichen fehle es vor allem an politischer und rechtlicher Hilfe, beklagte
Komarica. „Die katholische Kirche ist in Bosnien-Herzegowina wie in keinem anderen
europäischen Land dazu verurteilt, am Anfang des 21. Jahrhunderts ausradiert zu werden.“
Seit 1989 ist Komarica Bischof von Banja Luka und hat in dieser Funktion den Bosnienkrieg
1992 bis 1995 mit seinen unerhörten Morden und Zerstörungen miterlebt. Heute gilt
das Land als potentieller Beitrittskandidat zur EU. Komarica erhofft sich vom Papstbesuch
eine „Ermunterung an alle Einwohner von Bosnien“ und „einen Beitrag zur Konsolidierung
der Gemeinschaft unter uns im Sinn eines gerechten Friedens“. Franziskus stehe bei
allen Bevölkerungsgruppen in hohem Ansehen, nicht nur bei den Katholiken, daher werde
er „Dialog auf allen Ebenen anspornen“.
Im Süden von Bosnien-Herzegowina liegt der von der katholischen Kirche nicht anerkannte
Wallfahrtsort Medjugorje. Eine Untersuchung der Glaubenskongregation zu den Marienerscheinungen,
die dort angeblich seit 1991 regelmäßig vorkommen, ist noch nicht veröffentlicht.
Indes ziehen die Erscheinungen große Menschenmengen an. Von daher sei Medjugorje „ein
Faktum“, sagte Komarica zu Radio Vatikan. Es stehe dem Heiligen Stuhl zu, über die
Echtheit der Visionen zu befinden. Jedenfalls müssen die zuständigen kirchlichen Stellen
nach Ansicht des Vorsitzenden der Bischofskonferenz die Entwicklungen dort „weiter
sorgfältig begleiten und bewerten“. Gute Früchte dort solle man „auch vor Augen haben“,
negative Erscheinungen gehörten „abgesondert beziehungsweise gestoppt“, riet Komarica.
Gottlob höre man von den negativen Früchten wenig. „Wann Medjugore anerkannt wird,
das überlassen wir dem Heiligen Vater. Das ist seine Entscheidung.“ Ein Papstbesuch
dort stand nach Komaricas Wissen nie zur Debatte. Wenn Franziskus entschieden habe,
nicht nach Medjugorje zu kommen, habe er „sicher entsprechende Gründe“, so Bischof
Komarica. „Da kann ich nicht viel kommentieren.“
Papst Franziskus besucht Bosnien-Herzegowina am 6. Juni in einer eintägigen Stippvisite.
Es ist seine dritte Reise in Europa außerhalb Italiens. Zunächst reiste er in das
südliche Nachbarland Bosnien-Herzegowinas, Albanien. Im vergangenen November besuchte
er die in Straßburg ansässigen Europa-Institutionen.
(rv 08.02.2015 gs/pdy)
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