2015-02-05 16:38:00

D: Schwester Lea gegen neues Prostitutionsgesetz


Ein neuer Weltgebetstag der katholischen Kirche: Am nächsten Sonntag, 8. Februar 2015, findet der erste „Internationale Tag des Gebets und der Reflexion gegen den Menschenhandel" statt. Der Vatikan hat die Initiative dazu ergriffen. Just in dieser Woche ist in Deutschland die Reform des Prostitutionsgesetzes erschienen, die innerhalb des katholischen Spektrums umstritten ist. Viele Frauen in der Rotlicht-Szene sind Zwangsprostituierte.

Schwester Lea Ackermann kämpft seit 30 Jahren an der Seite von Opfern des Menschenhandels. Das soeben reformierte Prostitutionsgesetz in Deutschland lehnt sie ab. Deutschland hat den liberalsten Umgang mit Prostitution auf der ganzen Welt. 2002 wurde Prostitution in Deutschland komplett legalisiert. Das hat aber die Ausbeutung im Rotlicht-Milieu nicht eingeschränkt. Nun haben SPD und Union, wie im Koalitionsvertrag 2013 vorgesehen, das Prostitutionsgesetz „verbessert“. Es soll jetzt Gesetz zum Prostitutionsschutz heißen. Darin werden schärfere Bedingungen für Bordellbesitzer, eine Anmeldepflicht für Prostituierte und verpflichtende medizinische Beratung aufgelistet. Für Schwester Lea Ackermann geht das aber nicht weit genug:

„Da ist die Kondompflicht eingeführt worden. Das ist natürlich richtig, wunderbar und gut; aber wie soll man es prüfen? Es sind für mich sehr viele Ungereimtheiten in den neuen Initiativen. Ich hätte mir gewünscht, eine klare Sache, eine klare Haltung zu machen: ein Sexkaufverbot. Alle können drüber nachdenken und alle Aufmerksamkeit auf die Frauen richten, damit sie eine andere Ausbildung machen können, und dass man ihnen hilft, die Füße wieder auf den Boden zu bekommen.“

Der Katholische Deutsche Frauenbund begrüßt hingegen das neue Gesetz. Es stärke den Schutz und die Sicherheit der Frauen und gehe in die richtige Richtung. Gerade die verpflichtende medizinische Beratung befürwortet der Frauenbund. Doch auch der Frauenbund sieht hier nicht das Ende ihrer Arbeit. Sie wollen weiterhin Zwangsprostitution und Menschenhandel bekämpfen und den Blick mehr auf die Freier und Organisatoren von Prostitution richten. Diesen Blickwechsel fordert auch Schwester Lea. Die Frage, die für sie hinter dem Gesetz stehen muss, ist vielmehr, in was für einer Gesellschaft man leben wolle.

„Ich finde dieser Blickwechsel hin auf die Organisatoren und auf die Käufer bringt die Menschen zum Nachdenken. Es heißt doch auch bei uns ‚naja Männer brauchen das‘. Und die Frauen sind die Huren. Das ist einfach falsch. Ein Gesetz hat ja auch Symbolgehalt, und zu sagen, der Kauf von Sex ist verboten - da kommt ein Nachdenken in Gang. Ich bin sicher, da werden sehr viele Männer auch anders über ihre eigene Sexualität nachdenken.“

Dieser Blickwechsel, den Schwester Lea Ackermann fordert, wäre aus ihrer Sicht bereits 2002 notwendig gewesen. Damals wurde Prostitution in Deutschland legalisiert und als Beruf anerkannt. Unbegreiflich für Ackermann, die sich um die Frauen kümmert. Sie wehrt sich gegen den Begriff ‚Sexarbeit’ an sich, denn Prostitution sei immer Missbrauch an Frauen, ein unwürdiger Umgang mit dem anderen Geschlecht.

„Seit 30 Jahren kümmere ich mich um diese Frauen, und ich sehe, dass sie geschädigt werden und traumatisiert sind, dass sie verwundet sind an Leib und Seele, dass sie viele Krankheiten haben. Und das ist ungeheuerlich, dass man das auch noch anerkennt als Beruf und von Arbeit spricht.“

Das Argument von vielen Befürwortern des Gesetzes, dass einige Frauen dieser Arbeit freiwillig nachgehen, lässt Schwester Lea nicht gelten. Das Verhältnis zwischen erzwungener und freiwilliger Prostitution rechtfertige die Legalisierung nicht. Ihre langjährige Arbeit bestätige sie, dass nur eine verschwindend geringe Zahl von Frauen diesen Beruf freiwillig ausübt. Die Ungerechtigkeit, die diese Frauen erleben, und die Schwester Lea auch in der Politik sieht, bringt sie immer wieder in Rage.

„Die unglaubliche Ungerechtigkeit und Brutalität den Frauen und Kindern gegenüber. Das bringt mich wirklich in Rage. Was mich auch wütend macht, jetzt wieder als das neue Gesetz durchkam, dass so wenig Menschen dieses große Verbrechen, das an hilflosen Frauen und Kindern geschieht, sehen und etwas dagegen tun wollen. Und dass sie immer noch behaupten, die Frauen haben das freiwillig gewählt. Ich kann es nicht verstehen. Ich finde es auch eine ungeheure Ungerechtigkeit.“

(rv 06.02.2015 gs/pdy)








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