2015-02-03 10:06:00

Ex-Richter für Ruanda erhebt Vorwürfe gegen Vatikan


Der Vatikan hat am Völkermord in Ruanda beteiligte Geistliche nach Darstellung eines ehemaligen UNO-Richters vor der Strafverfolgung zu schützen versucht. Neben hochrangigen Politikern und Militärs hätten sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda auch katholische Priester verantworten müssen, „die schwer in den Genozid verwickelt waren“, sagte der Jurist Wolfgang Schomburg dem „Badischen Tagblatt“ in der Dienstagsausgabe. „Leider hat der Vatikan sie noch lange hinterher gedeckt“, wirft Schomburg dem Heiligen Stuhl vor. Ohne das Tribunal wären die Hauptverantwortlichen nie zur Rechenschaft gezogen worden, betonte Schomburg, als erster Deutscher von 2001 bis 2008 Mitglied des UNO-Kriegsverbrechertribunals.

Zugleich übte Schomburg generelle Kritik am internationalen Umgang mit dem Völkermord, dem 1994 schätzungsweise 800.000 Menschen zum Opfer fielen, vor allem Tutsi. Das UNO-Tribunal sei „zu spät eingerichtet“ worden; „das war ein großer Fehler“, sagte der Jurist. „Der Völkermord hätte zwar vielleicht nicht verhindert werden können, aber das große Ausmaß, dass in wenigen Monaten bis zu einer Million Menschen geschlachtet wurden, durchaus“. Das Tribunal hätte „bereits Ende 1993, spätestens im Januar 1994“, eingerichtet werden müssen. „Hilferufe kamen von allen Seiten, sie wurden im UNO-Hauptquartier absichtlich überhört“, so Schomburg.

Trotz fehlender Unterstützung für das Tribunal habe Ruanda Fortschritte gemacht und den Völkermord juristisch gut aufgearbeitet, zügiger sogar als seinerzeit Deutschland den Holocaust, meinte Schomburg. Ähnliche Sonderstrafgerichte sollten auch für andere Völkerrechtsvergehen eingesetzt werden. „Wo bleiben die Verfahren gegen die Verantwortlichen, die möglicherweise Straftaten begangen haben in Ausübung ihres Amtes, sei es in Tschetschenien oder Guantanamo?“, fragte Schomburg.

In nur hundert Tagen töteten radikale Hutu 1994 in Ruanda rund 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu, die sich weigerten mitzumachen. Drei von vier Angehörige der Tutsi-Minderheit fielen dem Genozid zum Opfer.

(kna 03.02.2015 mg)








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