2015-01-28 10:41:00

Deutsche in Athen blicken mit Skepsis auf neue Regierung


 Die deutschsprachige Gemeinde in Athen sieht der neugewählten Regierung mit Skepsis entgegen. Nicht nur wirtschaftliche Aspekte sorgen für Bedenken. Der Trend zur Säkularisierung in Griechenland erhalte durch den neuen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras einen weiteren Schub. Das sagt der deutsche evangelische Pfarrer in Athen, René Lammert, im Gespräch mit dem Kölner Domradio. Er blickt auf die Widersprüche der Koalition. Alexis Tsipras bricht kirchliche Traditionen, denn er ist der erste griechische Staatschef, der keinen religiösen Eid abgelegt hat. René Lammert:

„Ich denke, dass nicht nur das Verhältnis von Staat und Religion sich durch ihn ändern wird, sondern wir sehen in der Tat, dass sich Änderungen auch schon unter der vorherigen Regierung vollzogen haben. Das ist eher ein Langzeittrend, der jetzt durch Tsipras sicherlich einen besonderen Schub bekommen wird.“

Im letzten Jahr wurde ein neues Religionsgesetz herausgegeben. In diesem Religionsgesetz sind unter anderem auch die evangelische und noch vier andere Kirchen offiziell als Kirche anerkannt. Die Orthodoxie ist nicht mehr die „alleinseligmachende“ Kirche in Griechenland, so Lammert.

„Da ist ein Trend, den ich insgesamt als Modernisierung und auch Säkularisierung bezeichnen würde, der nun auch in Griechenland ankommt und wahrscheinlich durch die Krise noch einmal zusätzlich beschleunigt werden wird.“

Die große Mehrheit der deutschen Gemeindemitglieder stünden der neuen Regierung noch aus einem anderen Grund skeptisch gegenüber:

„Weil man im Grunde nicht richtig sehen kann, wohin die Reise nun gehen soll. Das ist jetzt natürlich auch noch einmal dadurch verstärkt worden, dass mit den unabhängigen Griechen eine Koalition eingegangen worden ist. Das sind ja im Grunde genommen zwei wirklich extreme Pole, die da offensichtlich zusammengefunden haben. Beide Pole sind nun nicht dafür bekannt, dass sie ein besonders einfaches Kommunikationsverhältnis zu uns Deutschen haben, wenn ich es mal so sage. Die unabhängigen Griechen haben sich ja immer sehr lautstark zu Wort gemeldet, was es heißt, europäische Politik hier in Griechenland in seine Schranken zu verweisen.“

Zum anderen gehe es auch um die Migrationspolitik und die Ablehnung der Migranten, die nun sehr deutlich formuliert worden ist.

„Wir selbst als Gemeinde versuchen, gerade auch den Migranten zu helfen. Um ein Beispiel zu sagen, wir haben eine Gemeinde hier, die sich in unserer Kirche jeden Sonntag trifft. Das ist eine pure Migrationskirche aus Afrikanern und Filipinos bestehend, denen wir jetzt Gelegenheit gegeben haben, hier ihre Gottesdienste zu feiern. Die Leute werden natürlich unter Druck gesetzt durch solche Signale, die jetzt gegeben werden. Wie sich das schließlich auswirkt, weil Syriza gerade doch eher eine andere Position dort vertritt, das lässt sich für uns noch gar nicht vorher sagen. Das sind im Grunde genommen für uns widersprüchliche Signale, die gesendet werden.“

(domradio 28.01.2015 mg)








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