2015-01-23 14:28:00

Islamische Seelsorge gegen Radikalisierung


Jeden Freitag kommt er zum Freitagsgebet in die Justizvollzugsanstalt Freiburg: Jörg Imran Schröter. Der 44jährige ist in christlichem Milieu aufgewachsen, als junger Mann faszinierte ihn der mystische Islam. Schröter konvertierte, studierte Islamwissenschaft und Lehramt. Heute ist er Lehrer an einer Grundschule, gibt islamischen Religionsunterricht und beteiligt sich an der Ausbildung islamischer Religionslehrer. Als ehrenamtlich Seelsorger im Gefängnis ist er zuständig für das Freitagsgebet. Michael Hermann hat sich für Radio Vatikan mit ihm getroffen.

Er sieht sich als religiöser Übersetzer zwischen dem Gefängnis und muslimischen Gefangenen. Seine Meinung ist, dass der Strafvollzug noch nicht ausreichend auf die religiösen Bedürfnisse der muslimischen Gefangenen eingestellt ist, das fängt beim Essen an und geht beim Gebet weiter, weiß Schröter: „Man möchte vielleicht das Ritualgebet verrichten und auch das ist nicht immer möglich. Es gibt im Gefängnis bestimmte Arbeitszeiten, dann kann man am Freitagsgebet nicht teilnehmen. Das Problem ist eben, dass immer wieder sichtbar wird, dass all diese religiösen Bedürfnisse wie Gebet und religiöse Vorschriften den Christen gewährleistet werden, den Muslimen aber nicht.“

Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse warnt Schröder vor einer Ausgrenzung muslimischer Gefangener in Haftanstalten. „Je mehr man den Islam auch wertschätzt als Religion, desto mehr für Dinge auch von den Muslimen wertgeschätzt,“ weiß Schröter. „Je mehr man aber die religiösen Leute angreift und versucht sie zu diskriminieren oder zu benachteilen, dann kann aus diesem religiösen auch etwas sehr ungünstiges entstehen, wie man in der Geschichte aller Religionen ablesen können.“

Mehr muslimische Seelsorger sollten im Gefängnis präsent sein, fordert Jörg Imran Schröter. Geschieht dies nicht, könnte es eine zunehmende Radikalisierung muslimischer Gefangener geben. „Wenn in Gefängnissen keine gut ausgebildeten, offiziellen und professionellen islamische Seelsorger vor Ort sind, dann wird in diese Lücke irgendeiner springen, der sich selbst dazu ernennt. Einer von den Insassen, der – wie ich immer sage – Bock, der zum Gärtner wird. Es wird nämlich der, der möglicherweise schon aus fundamentalistischen Kreisen kommt und vielleicht deswegen schon einsitzt und dann dort anfängt sich zum Prediger zu machen – vielleicht dann auch zum Hassprediger und zum Werbemissionar für irgendwelche Dschihadistischen Aktionen,“ sagt Schröter.

Der Strafvollzug soll den Weg der Gefangenen zurück in die Gesellschaft bahnen und setzt dafür auf Bildungsangebote und soziales Training. Das sei aber nicht ausreichend, sagt Schröter. „Für mich ist eher das wichtige Thema die Religiösisierung. Also das diese Leute, die als Muslime im Gefängnis landen und irgendwo ein religiöses Bedürfnis haben, dass auf eine Art quer geraten ist und ein schwieriges Thema ist, biografisch belastet usw. Das muss aufgearbeitet werden und diesen Menschen muss eine religiöse Zukunft – eine vernünftige und lebbare – gewährleistet werden. Das ist eher mein Augenmerk darauf.“

(rv 20.01.2015 mch)








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