2015-01-22 10:22:00

Malaysia: Ich bin Herald


Es ist ein Rechtsstreit, der schon seit 2007 für immer neue Wendungen gesorgt hat: Dürfen die Katholiken in Malaysia Gott „Allah“ nennen, oder ist diese Bezeichnung nur Muslimen erlaubt? Der Konflikt ist längst zu einem Prüfstein für die Religionsfreiheit und ihre Grenzen in Malaysia geworden. Jetzt hat das Bundesgericht des Landes, ein früheres Urteil bestätigend, der katholischen Kirchenzeitung „Herald“ verboten, das Wort „Allah“ zu benutzen. Muslimische Gruppen freuen sich, die Christen sind enttäuscht.

Pater Bernardo Cervellera ist Leiter der Nachrichtenagentur AsiaNews und guter Kenner Südostasiens. Er sagt im Interview mit RV:

„Das war vorauszusehen. Sowohl das Gericht als auch Polizei und Regierung haben sich in den letzten Jahren allzu oft über das Wort „Allah“ in einer katholischen Zeitung aufgeregt. Das Problem ist, dass sie jetzt auch damit anfangen, Bibel und Religionsbücher, die von „Allah“ sprechen, zu beschlagnahmen. Dabei haben die Christen Malaysias schon von „Allah“ gesprochen, bevor überhaupt die ersten Muslime im Orient und in Malaysia eintrafen!“

300 Bibelausgaben, in denen von „Allah“ die Rede ist, wurden vor kurzem von den Behörden beschlagnahmt. Gibt es noch irgendeine rechtliche Handhabe gegen das neueste Urteil, Padre Cervellera?

„Ich fürchte, nein. Die Christen, die Katholiken, haben jetzt nichts mehr in der Hand. Man muss ja auch berücksichtigen, welche Spannungen es mittlerweile nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der islamischen Welt gibt – darum wird die Regierung Malaysias jetzt nichts gegen die islamische Gemeinschaft tun wollen, um nicht noch mehr Wut und Gewalt zu provozieren. Und auch der christlichen Gemeinschaft wird gar nichts anderes übrig bleiben, als dieses Urteil zu akzeptieren, auch wenn es zutiefst ungerecht ist und auch historisch ignorant. Um des Friedens auf der malaiischen Halbinsel willen muss man das jetzt in Kauf nehmen.“

Cervellera berichtet, der Direktor des „Herald“, Pater Lawrence Andrew, habe das Urteil, wenn auch mit Ärger und Enttäuschung, akzeptiert. Gleichzeitig habe er gesagt, er hoffe, dass die Christen künftig in Ruhe gelassen würden.

„Man muss wissen, dass es in den letzten Jahren immer, wenn ein Urteil den Christen das Wort „Allah“ zugestand, gleich zu Angriffen auf Kirchen, auf Christen kam. Also, da gibt es starke Versuchungen zur Gewalt.“

Kann man jetzt überhaupt noch von Religionsfreiheit in Malaysia sprechen, oder ist sie eingeschränkt? Cervelleras Antwort:

„Die Religionsfreiheit (ist in Gefahr), was Veröffentlichungen betrifft. Die Regierung und die islamischen Behörden wollen nicht dulden, dass die Christen das Wort „Allah“ speziell in Büchern in malaiischer Sprache verwenden. Ihr Argument ist, dass das die Muslime verwirrt. Ich glaube, sie haben Angst vor einem möglichen Proselytismus der Christen. Dass die Christen jetzt nicht mehr von „Allah“ sprechen dürfen, wird zur Ghettobildung führen: die Christen auf der einen, die Muslime auf der anderen Seite, ohne Möglichkeit zum Dialog untereinander, auch in kultureller, historischer und theologischer Hinsicht.“

(rv 22.01.2015 sk)








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