2015-01-17 07:51:00

Alles rennt zum Papst – nur einer bleibt in der Pfarrei


Manila bereitet sich auf eine Messe der Rekorde mit dem Papst vor: Nicht weniger als sechs Millionen Menschen werden zum Gottesdienst mit Franziskus am Sonntag vor. Diese Messe wird wohl der Höhepunkt der Philippinen-Reise. Stefan Kempis berichtet aus Manila über die letzten Vorbereitungen.

Letztes Hämmern und Klopfen im Rizal-Park (oder Luneta-Park, wie viele ihn auch nennen): Einen Tag vor der großen Messe von Franziskus im Zentrum von Manila werden noch Kabel verlegt, Techniker schrauben an Lautsprechern. Unter den strengen Augen eines Prälaten aus dem Liturgischen Büro des Vatikans üben philippinische Kinder oben auf dem Podium die Gabenbereitung – Generalprobe für den Papst.

Das Podium ist alles andere als protzig; einziger Luxus ist eine dezente Bambus-Verzierung. „Regensicher“, wie die Organisatoren versprechen. Die Bilder aus Tacloban, wo Papst und Gläubige bei der Messe dort an diesem Samstag gelbe Regencapes gegen Sturm und Regenschauer tragen mussten, haben die Veranstalter vom Rizal-Park ganz schön erschreckt. Die Messe vom Sonntag ist eine logistische Herausforderung, sagt uns der technische Verantwortliche.

„Das ist viel Arbeit für uns – aber wir sind daran gewöhnt. Die größte Herausforderung wird die Menschenmenge, da werden wir Techniker uns kaum noch richtig bewegen können. Alles überfüllt. Wir werden also über Nacht dort bleiben, damit wir auf jeden Fall keine Probleme haben, in den Bereich rein- oder rauszukommen.“

Sechs Millionen Menschen, vielleicht sogar mehr, werden zur Papstmesse im Zentrum von Manila zusammenströmen; das dürfte den Besucherrekord von 1995 brechen, als der heilige Johannes Paul hier vor über vier Millionen Menschen zelebrierte. Die Sicherheitsvorkehrungen sind gigantisch, doch die Menge wird diszipliniert bleiben, glaubt der Technik-Chef.

„Ich glaube schon – alles wird gutgehen. Es hat so viele Aufrufe und Hinweise in den Medien gegeben, die Leute sollten cool bleiben.“

Szenenwechsel. Wir sind jetzt auf dem Campus der St.-Thomas-Universität, einer der ältesten und traditionsreichsten Unis von ganz Asien, von Dominikanern geleitet. Franziskus wird hier auf dem Sportplatz am Sonntag, noch vor der großen Messe, etwa 30.000 junge Leute treffen. Die Philippinen sind ein junges Land, das Durchschnittsalter liegt bei nur 23 Jahren. Die Schülerinnen in weißer Schuluniform, die ich vor dem Haupteingang sitzen sehe, sind noch jünger. Sie sagen:

„Ja, wir sind sehr aufgeregt über den Papstbesuch. Wir werden hingehen, um ihn zu sehen – auch wenn wir fürchten, dass da zu viele Menschen sein werden. Alles überfüllt.“

Und was erwarten sie sich von „Kiko“, wie die Spitznamen-versessenen Filipinos Papst Franziskus liebevoll nennen?

„Wir hoffen, dass er uns Kinder segnet, damit wir bessere Noten bekommen!“

Die Schülerinnen werden den Papst auf ihrem Campus sehen – sie haben Glück. Alle anderen Einwohner von Metro Manila haben kaum eine andere Wahl, als zur Papstmesse vom Nachmittag zu strömen.

„In den Luneta-Park kommt auch meine Familie. Sie muss noch vor sieben Uhr früh da sein.“

Und noch ein Szenenwechsel. Wir stehen jetzt vor der Sebastianskirche im ärmeren Straßen-Wirrwarr der Hauptstadt. Der neugotische Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts sieht nur auf den ersten Blick aus wie eine normale Kirche; beim näheren Hinsehen stellt man fest: Alles ist aus Stahl. Wahrscheinlich geistert deshalb die Legende durch die Reiseführer, Gustave Eiffel, der Erbauer des Eiffel-Turms persönlich, habe den Bau entworfen. Der Pfarrer von St. Sebastian bestreitet das:

„Nein! Denn wir können kein Dokument in unseren Archiven finden, dass Eiffel die Pläne gezeichnet haben könnte. Stattdessen hat ein Priester die Baupläne erstellt.“

Und zwar in Belgien. Dort wurden die Stahlteile produziert, anschließend nach Manila verschifft und dort zusammengebaut. Im Innern eine weithin verehrte Marienfigur, die im 16. Jahrhundert von Missionaren auf die Philippinen gebracht wurde. Sie wird allerdings am Sonntag kaum Beter sehen, denn die ganze Pfarrei wird zum Papst rennen, wie der Pfarrer vorhersagt.

„Die Hoffnung der Menschen ist es, die Realpräsenz des Stellvertreters Christi hier auf Erden zu erleben. Alle Filipinos würden gern den Repräsentanten Christi auf Erden persönlich sehen, und nicht nur sehen, sondern auch etwas Zeit mit ihm verbringen… auch wenn das Besuchsprogramm das wohl nicht erlaubt.“

Einer allerdings wird nicht dabei sein am Sonntag, in der Menge der sechs Millionen oder mehr Menschen im Rizal-Park:

„Ich werde nicht zur Messe des Papstes gehen, weil ich um dieselbe Zeit bei uns in der Pfarrei einen Gottesdienst habe. Keiner wird in der Pfarrei bleiben, nur der Pfarrer! Der Rest geht zum Papst. Darum habe ich mich geopfert.“

 

(rv 17.01.2015 sk)








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