2015-01-08 14:51:00

Sri Lanka und die Wahlen: Papstreise unwichtiger als erwartet


Fünf Tage bevor Papst Franziskus den Inselstaat Sri Lanka besucht, wird gewählt. Präsident Mahinda Rajapaksa, der das Land seit zehn Jahren führt und immer mehr Macht im Präsidentenamt konzentriert, strebt eine dritte Amtszeit an. Die Kirche sorgte sich bereits vor der Wahl an diesem Donnerstag wegen einer Instrumentalisierung der Papstreise und warnte vor Gewalt um Zug der Wahl, die dann auch die Visite von Franziskus überschattet hätte. Allein: Der Urnengang verlief ruhig. Das Ergebnis wird für Freitag erwartet – und könnte die Lage verändern, erklärt der Asien-Forscher Christian Wagner von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik.

Die jüngere Geschichte Sri Lankas prägt das Land stark: Drei Jahrzehnte Bürgerkrieg und eine fehlende Aussöhnung. Die Mehrheit der Srilankesen sind wie Präsident Rajapaksa und sein wichtigster Herausforderer Sirisena buddhistische Singhalesen. Die größte Minderheit stellen die Tamilen. Ihr Kerngebiet im Norden des Inselstaats ist bis heute eine militärische Sonderzone. Katholiken stellen zwischen sieben und acht Prozent der 20 Millionen Srilankesen.

 

Wahlthemen: Anti-Korruption und Lösung innerer Konflikte

Die anstehende Papstreise hat laut Wahlbeobachtern in Sri Lanka eine „vergleichsweise  geringe Rolle“ gespielt, erklärt Wagner. Demonstrationen gegen die Papstreise von nationalistisch-buddhistischen Gruppen seien aber nicht auszuschließen. Weitaus wichtiger als der Papst waren im Wahlkampf nationale Themen wie Beschäftigung, gute Regierungsführung und Kampf gegen Korruption. Sri Lanka habe zwar makroökonomisch eine gute Entwicklung vorzuweisen, diese würde jedoch nur wenige Privilegierte erreichen. Die anderen ethnischen Gruppen des Staates, vor allem für die Tamilen, stehe die Frage einer politischen Lösung und die Forderung nach mehr Selbstbestimmung und mehr regionale Autonomie im Raum.

Die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen ist vor allem für internationale Kreise einer der größten Konfliktherde. Im Zuge des nationalen Wahlkampfes hat dies aber eine untergeordnete Rolle spiele, erklärt Wagner.

Der prominente Gegner: Sirisena

Rajapaksas Gegenkandidat Maithripala Sirisena war viele Jahre Vertrauter des Präsidenten - als Gesundheitsminister und als Generalsekretär der Präsidentenpartei. Heute behauptet er, Rajapaksa habe ein korruptes System aufgebaut. Christian Wagner beobachtet, dass Sirisena von unterschiedlichen Seiten unterstützt wird: die wichtigste Oppositionspartei United National Party so wie Ex-Präsidentin Chandrika Kumaratunga. Seine Chancen stehen also besser als gedacht. Die Wähler wenden sich zunehmen von Präsident Rajapaksa an. Innerhalb der regierenden Partei von  Rajapanksa, Sri Lanka Freedom Party, gebe es Zersplitterung und Krisen. Auch die größte muslimische Macht, der Sri Lanka Muslim Congress, hat sich von der Regierung losgesagt und sich mit dem Gegner Sirisena verbündet. Ebenso hat die tamilische Partei Tamil National Alliance ihre Unterstützung zugesagt. Neue Allianzen können zu Veränderungen führen. Spätestens am Wochenende werde es eine Klarheit über den neuen Präsidenten des Landes geben, so der Politikwissenschaftler.

Aussöhnung nach dem Bürgerkrieg nicht in Sicht

Der Bürgerkrieg auf Sri Lanka endete im Mai 2009 mit einer Bilanz von Zehntausenden Todesopfern unter Zivilisten. Verbrechen begingen sowohl tamilische Separatisten als auch Angehörige der Srilankesischen Armee. Präsident Rajapaksa verweigert eine internationale Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen, und auch der Oppositionsführer will bestenfalls eine nationale Aufarbeitung der Kriegsverbrechen zulassen. Der Bericht der Vereinten Nation, der bis zu 40.000 Zivilopfer zählt, wird von Sri Lanka nicht akzeptiert. Wagner: „Eine internationale Aufarbeitung ist hier nicht in Sicht, aber vielleicht schafft es ein Oppositionskandidat hier eher auf die Tamilen zuzugehen, um langfristig auch eine politische Lösung mit den Tamilen herbeizuführen.“

(rv 08.01.2015 no)








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