2014-12-27 14:46:00

Telefonseelsorge: Ein offenes Ohr auch zu Weihnachten


Viele Menschen wählen vor allem in den Tagen rund um Weihnachten die Nummer einer Telefonseelsorge. Egal ob in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz: Diese Tage sind für die Helfer der meist kirchlichen Telefonseelsorge von einer ganz anderen Emotionalität geprägt. 20.000 Beratungsgespräche führt beispielsweise Jahr für Jahr die Telefon-Seelsorge in Oberösterreich durch. Die Einrichtung der katholischen und evangelischen Kirche wird vom Land Oberösterreich subventioniert. Unter der österreichweiten Rufnummer 142 sind mehr als 70 ehrenamtliche Mitarbeiter rund um die Uhr erreichbar. Die Leiterin der Telefonseelsorge, Silvia Breitwieser, hat Radio Vatikan erklärt, wer eigentlich am anderen Ende der Leitung sitzt:

„Es hebt jemand ab, der oder die zwischen 30 und 70 Jahren alt ist und eine fundierte, fast eineinhalb Jahre dauernde Ausbildung absolviert hat, zusätzlich zur Telefonberatung, und im Monat zwei bis drei Dienste übernimmt. Alle arbeiten ehrenamtlich. Das heißt, sie schenken Zeit und Achtsamkeit, und es ist ihnen wichtig, da zu sein für die Menschen, die anrufen und die jetzt jemanden brauchen.“

Radio Vatikan: Was ist die treibende Kraft, um in der Telefonseelsorge zu arbeiten?

„Die Motivation ist oft, in einem Team beheimatet zu sein und auch in der Freizeit etwas Sinnvolles zu tun. Etwas, wobei sie das Gefühl haben, wie wurden vom Leben reich beschenkt und es geht uns gut. Diese Menschen möchten von dem etwas zurückgeben und für andere da sein, denen es weniger gut geht.“

Radio Vatikan: Wie werden die ehrenamtlichen Mitarbeiter ausgewählt?

„Vor der Ausbildung gibt es ein Auswahlverfahren. Hier wird überprüft, welche Ausbildungen in diese Richtung gibt es bereits, oder ist der Auszubildende ein Quereinsteiger. Welche Weiterbildungen wären in diesem Fall notwendig? Die eigene psychische und physische Gesundheit ist natürlich auch wichtig.“

Radio Vatikan: Was verändert sich bei den Anrufen rund um die Weihnachtstage?

„Wichtig ist, dass die Anrufe jetzt mit einer ganz anderen Emotionalität besetzt sind. Wir spüren oft in den Menschen eine große Sehnsucht nach Frieden, nach einer „heilen“ Welt. Es gelingt dann aber oft nicht, Konflikte zu lösen, anzugehen, zu klären. Das können Nachbarstreitigkeiten sein, Familienstreitigkeiten. Zu Weihnachten wäre aber die Sehnsucht groß, dass das Leben gelingt und heil ist. Und deswegen haben Gespräche um diese Jahreszeit oft eine andere Dimension.“

Radio Vatikan: Warum vermerken wir genau zu Weihnachten diese Veränderung?

„Weil viele mit Weihnachten, der Tradition nach, etwas mit Frieden und Versöhnung verbinden. Der Tradition nach ist es ein Familienfest. Wenn zum Beispiel bei älteren Menschen die erwachsenen Kinder nicht nach Hause kommen, dann wird einem bewusst, dass er eben alleine ist und dass es der Familie nicht wichtig genug ist, dass sie den Heiligen Abend oder in den Weihnachtsfeiertagen nach Hause kommen. Deswegen nehmen die Menschen ihre Einsamkeit in diesen Tagen intensiver wahr.“

Radio Vatikan: Haben sie daher mehr Besetzung um diese Jahreszeit?

„Wir haben immer (nicht nur an Weihnachten) am Abend eine doppelte Besetzung, und es ist auch gut so, denn so ist mehr Zeit für intensivere Gespräche. Längere Gespräche gibt es bei Patchwork-Familien beispielsweise, um zu klären, wie Weihnachten gut gefeiert werden kann. Dass es für die Kinder, für die getrennten Eltern, für die Großeltern, für alle gut gelöst werden kann.

Radio Vatikan: Was genau macht die Telefonseelsorge eigentlich in solchen Fällen? Die Probleme lösen, mit denen die Menschen anrufen, ist ja leider nicht möglich …

„Es wird ihnen zugehört. Es kann jemand nur gut erzählen, wenn jemand auch wirklich gut zuhört. Das ist sehr wichtig, auch dass jemand da ist, dem jetzt dieser Teil meines Lebens interessiert, der nachfragt. Wir haben oft verzerrte Bilder von uns selbst in unserem Inneren. Und da ist es gut, wenn jemand da ist, der nachfragt, so dass ich in mir etwas ordnen kann. So kann ich vielleicht wieder einen nächsten kleinen Schritt machen, Ideen finden, wie es weitergehen kann.“

Radio Vatikan: Gelingt es vielen, diese Hilfe anzunehmen? Oder ist es so, dass viele ein falsches Verständnis von Scham haben?

„Vielen Menschen fällt es schwer, Hilfe anzunehmen oder sie haben das Bild von sich, dass sie alles alleine schaffen müssen. Und da ist es wichtig über Nummern informiert zu sein, wo jemand vertraulich, anonym am anderen Ende rund um die Uhr kostenlos zur Verfügung steht und ich einen Teil meiner Lebensgeschichte mit jemanden besprechen kann. Hier geht es darum, eine Hoffnung zu stärken, gerade zu Weihnachten und über Neujahr, dass wir nicht auf unsere Vergangenheit festgelegt sind. Dass es immer die Hoffnung auf eine gute Zukunft, auf etwas Neues und auf etwas Gelingendes in meinem Leben gibt.“

(rv 19.12.2014 no)








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