2014-12-26 11:24:00

Ein Bettler in der Vatikan-Krippe


In diesen Weihnachtstagen spazieren viele Römer und Pilger durch Rom und sehen sich in den Kirchen die Weihnachtskrippen an. Bei dem Spaziergang kommen sie an vielen Bettlern und „Barboni“, also Obdachlosen, vorbei – und bis in die Krippenlandschaften hinein kann sie dieses Bild verfolgen. Denn zumindest die Krippe der Vatikan-Pfarrkirche Sant’Anna hat einen solchen „Barbone“ aufgenommen und in die Landschaft des antiken Palästina integriert. Pfarrer Bruno Silvestrini erklärt:

„Wir wollten in unserer Krippe dieses Jahr einen speziellen Schwerpunkt auf das legen, was der Heilige Vater von jedem von uns erwartet, nämlich dass wir uns um Menschen in Schwierigkeiten kümmern, um die Armen. Nicht nur um die, denen es an Geld fehlt, sondern auch um die, die menschlich, spirituell verarmt sind und es nicht schaffen, eine Wahrheit zu finden, die ihrem Leben Sinn gibt.“

Der Obdachlose in der Vatikan-Krippe ist allerdings vor allem materiell arm: Seine Figur hat sich unter die (auch etwas zerlumpten) Hirten gemischt, er hält die Hand auf und bittet um ein Almosen. Auf der anderen Straßenseite haben sich Josef und Maria mit dem neugeborenen Jesuskind unter den Balkon eines einsturzgefährdeten Palastes geflüchtet.

„Die Botschaft ist, dass die Menschwerdung des Sohnes Gottes genau in diese Armut des Menschen, in seine Notlage aus Schmerz und Leiden, hinein geschieht. Jesus hat die Armut des Menschen auf sich genommen und hat sie in seine Nähe ziehen wollen.“

Nun kann sich zwar an die Tür der Vatikan-Pfarrkirche unmöglich ein „Barbone“ postieren und die Hand aufhalten: Zu viele Vatikan-Gendarmen und Schweizergardisten laufen hier herum. Trotzdem bekommt Sant’Anna, unmittelbar hinter dem Haupteingang in das Vatikandorf gelegen, viel von der Armut in der Stadt mit.

„Ja doch, unsere Pfarrei liegt ja gleich an der Grenze zwischen dem Vatikan und Italien. Jeder kann hineinkommen, und jeder kommt hinein. Menschen, die um etwas bitten, Arme, Menschen mit Schwierigkeiten, und auch Clochards, die keinen festen Wohnsitz haben. Mehr als 25 Jahre lang ist ein Clochard bei uns jeden Morgen zur 7-Uhr-Messe gekommen: ein sehr, sehr freundlicher Mann, der viele Freunde in der Pfarrei hatte mit der Zeit, der mit den jungen Leuten sprach und sie zur Messe einlud. Ein in gewisser Hinsicht reicher Mann, voller Glauben. Vor kurzem ist er krank geworden, und viele Leute fragen mich seitdem, wo er denn ist, was passiert ist, warum er nicht mehr kommt... Es gab Monsignori, die ihm an bestimmten Tagen etwas zu essen mitbrachten. Dann hat man ihn nicht mehr gesehen, und schließlich habe ich gehört, dass er gestorben war. Ich habe noch nie so viele Leute an meiner Tür gesehen, die fragten, wann denn die Beerdigung wäre... Und mit diesem Clochard in der Krippe wollen wir an ihn erinnern.“

(rv 26.12.2014 sk)








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