Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat sich kritisch mit der Flüchtlingspolitik
der EU auseinandergesetzt. So lange im Mittelmeer Menschen ertrinken und Flüchtlinge
nicht überall gleich gut behandelt würden, sei Europa noch nicht am Ziel, schreibt
der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in einem Beitrag für die Weihnachtsausgabe
des „Münchner Merkur“. Darin plädiert er deshalb für ein gerechtes, gemeinsames europäisches
Einwanderungsrecht, das dafür sorgen solle, „dass die Menschen sicher zu uns kommen“.
Derzeit gehe der Verteilschlüssel für Flüchtlinge von falschen Voraussetzungen aus,
kritisiert Marx, der auch Vorsitzender des Rates der EU-Bischofskonferenzen (COMECE)
ist. „Es gelten eben nicht in allen EU-Ländern die gleichen sozialen und rechtlichen
Rahmenbedingungen.“ Das sogenannte Dublin-System funktioniert seiner Ansicht nach
nicht, die daraus resultierenden Abschiebungen sind
keine menschenwürdige Lösung.
Niemand fliehe gerne aus seiner Heimat, schreibt der Kardinal. Wenn etwa chaldäische
Christen oder die Jesiden sowie viele andere Menschen die Länder des Nahen und Mittleren
Osten verließen, gehe es um das bloße Überleben. Weltweit seien derzeit 51 Millionen
Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung oder aus wirtschaftlicher Not. Leider
sei damit zu rechnen, dass es immer mehr würden. „Flucht und Vertreibung ist eines
der großen Themen des 21. Jahrhunderts.“
In Bezug auf die Situation in Bayern sagte Marx, es geschehe bereits Großartiges in
Gesellschaft und Kirche. Er lobte, wie sich die Bevölkerung für Flüchtlinge engagiere.
Gleichzeitig meine er aber, dass noch mehr passieren müsse. Asylverfahren dauerten
oft zu lang, Duldung reihe sich an Duldung. Kritik übte er an der bayerischen Staatsregierung.
Es stünde ihr gut an, mehr Finanzmittel bereitzustellen. Es sei deprimierend, dass
in einem reichen Land wie Bayern ein großer Teil der Flüchtlinge keine Sozialberatung
erhalte.
Mit Sorge erfülle ihn auch die Situation der unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge,
die oft schwer traumatisiert seien, notiert der Kardinal. Für sie würden dringend
geeignete Plätze gesucht. Auch über schnellere Wege auf dem Arbeitsmarkt sollte nachgedacht
werden. Denn die meisten Flüchtlinge würden in ihre Heimat wohl nicht zurückkehren
können, gibt der Kardinal zu bedenken.
(kna 24.12.2014 kin)
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