2014-12-22 11:08:00

Österreich: „Wir dürfen nicht alles, was wir können"


Kardinal Christoph Schönborn hat einmal mehr an die Politik appelliert, beim Gesetz zur Fortpflanzungsmedizin zu bremsen und es nicht in der derzeit geplanten Form in Kraft treten zu lassen. Das Gesetz sei ein Dammbruch, so der Vorsitzende der Bischofskonferenz im „Kathpress"-Gespräch. Schönborn: „Wir dürfen nicht alles, was wir können." Statt „Husch-Pfusch" brauche es eine breite Diskussion, forderte Schönborn. Schließlich gehe es hier um Grundfragen des Menschenbildes und der Humanität.

Die Gesellschaft habe die Tendenz, dass sie Minderheitenprobleme zu Großthemen mache. Jener Personenkreis, der von der Fortpflanzungsmedizin betroffen ist, sei gesamtgesellschaftlich gesehen im Promillebereich. Dafür würden unheimliche technische Aufwendungen getroffen, während es weltweit viel dringlichere Probleme gebe. Freilich sei hier sehr viel Geld im Spiel. In der Debatte würden beispielsweise die wirtschaftlichen Interessen einiger Befürworter des Gesetzes völlig ausgeblendet, wie auch die mit der In-vitro-Fertilisation verbundenen medizinischen Risiken. Hier stelle sich schon die Frage, ob hinter dem geplanten Gesetz wohl nicht mehr handfeste ökonomische Gründe stünden als der humanitäre Wunsch, Menschen bei ihrem Kinderwunsch zu unterstützen. Das geplante Gesetz sei jedenfalls ein ethischer „Dammbruch“, so Schönborn: „Wir dürfen nicht alles, was wir können."

Der Widerstand, der sich gegen das neue Gesetz manifestiert, sei keine konfessionelle Engstirnigkeit einiger Katholiken, sondern viel breiter angelegt. Nachsatz: Erstmals würden alle katholischen Organisationen in seltener Eintracht gemeinsam gegen eine gesellschaftliche Entwicklung auftreten.

Verfassungsrechtliches Euthanasieverbot

Schönborn bekräftigte einmal mehr die Forderung der katholischen Bischöfe, das Verbot der Sterbehilfe in der Verfassung zu verankern. Damit werde ein deutliches Zeichen gesetzt, „dass Euthanasie mit den elementarsten Menschenrechten nicht vereinbar ist", so der Kardinal wörtlich. Euthanasie sei klar die Tötung eines Menschen, wie auch die Abtreibung.

Die bei der Abtreibung gewährte Straffreistellung habe sich bei vielen Menschen zu einem gefühlten Rechtsanspruch gewandelt. Der gleiche Prozess sei auch im Fall des Erlaubens von Euthanasie zu befürchten. So werde dann wohl auch das Töten am Ende des Lebens bald als selbstverständliches Recht empfunden, warnte Schönborn: „Ein Dammbruch ist bereits passiert, gegen einen weiteren wehren wir uns."

Dass Senioren in den Niederlanden in Pflegeheime in Deutschland drängen, weil sie Angst davor haben, in ihrem Heimatland getötet zu werden, sei eine Entwicklung, die er für Österreich nicht wolle, so der Kardinal.

Familie hat Zukunft

Auf die vatikanische Familiensynode angesprochen, betonte der Wiener Erzbischof: „Ehe und Familie sind eine unglaubliche Erfolgsgeschichte und werden es auch in Zukunft sein." Es handle sich dabei um die „Urform menschlichen Zusammenlebens". Durch die erste vorbereitende vatikanische Familiensynode im vergangenen Herbst sei ihm bewusst geworden, so der Kardinal, dass die Kirche sich zuletzt zu sehr auf Ehe- und Familienprobleme konzentriert habe. Bei allen Schwierigkeiten müsse man stärker den Fokus darauf richten, „was Familien heute alles leisten". Er sei sehr froh, so Schönborn, dass Papst Franziskus genau darauf bei der kommenden Synode das Hauptaugenmerk richten wolle. Die bevorstehende ordentliche Synodenversammlung tagt vom 4. bis 25. Oktober 2015 zum Thema „Berufung und Mission der Familie in der Kirche und der heutigen Welt".

Die Familie, und dazu zähle er auch Patchwork Familien, werde künftig eine enorm wichtige Rolle spielen, zeigte sich Schönborn überzeugt. Der Sozialstaat werde viele Aufgaben nicht mehr erfüllen können, der Familie als solidarischer Gemeinschaft werde große Bedeutung zukommen. Singles würden es künftig hingegen viel schwerer haben.

(rv 22.12.2014 gs)








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