Unser Buchtipp: Kein Himmel über Berlin?

Berlin – eine gottlose Stadt? Vorurteile gibt es viele, auch öffentlich ausgesprochen, auch aus kirchlicher Sicht. Dass das nicht stimmt, das zeigt Thomas Brose mit einem Buch. Der Autor ist Religionsphilosoph, überzeugter wenn auch nicht geborener Berliner, er war Mitarbeiter der Studentenseelsorge dort und ist Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaft und Künste. Viele Perspektiven also für die Frage, ob es denn einen Himmel über Berlin gibt.

 

Das Buch hat zunächst einmal einen historischen Blick auf den Glauben, es sucht ihn in der Geschichte der Stadt. Namen wie Alfred Döblin kommen vor, der Autor des wohl wichtigsten Buches über die Stadt, ‚Berlin Alexanderplatz‘. Der sei zum Skandal der damaligen Intellektuellen zum Katholizismus konvertiert, erzählt Brose im Interview mit uns.Döblin gehöre genauso zum Glauben der Stadt wie Dietrich Bonhoeffer, Romano Guardini oder die Christen, die am Mauerfall beteiligt waren. „Die Katholiken – ob sie wollen oder nicht – haben in Berlin eine ganz eigene Verortung“, eine ganz eigene Geschichte, „und wer in dieser Stadt lebt merkt, dass die Geschichte einen langen Atem hat.“ Wenn er heute zum Beispiel über den Alexanderplatz gehe, dann sei das eben der Platz von Döblin aber auch der Platz der Proteste gegen das Unrechtregime. Das habe auch mit dem Christsein heute zu tun, nicht nur mit historischen Erinnerungen.

 

Gleich zu Beginn des Buches greift der Autor den Unterschied Stadt – Land auf, oder besser: die als unmenschlich empfundene Großstadt und die Sehnsucht nach der heilen Welt. Seine Überzeugung sei, dass ein Glaube, der universal sein möchte, auch in der Stadt vorkommen muss, so Bose. Außerdem seien die Städte immer die Orte gewesen, an denen der Glaube weiter gegeben wurde. Dazu gehöre eben auch Berlin.

 

Er würde sich freuen, wenn das Buch als eine Art Reiseführer dienen würde, wenn Besucher oder Berliner in die Hedwigskathedrale oder die Gedenkkirche der deutschen Katholiken, Maria Regina Martyrum in Plötzensee besuchen. Er wolle anregen, zu schauen was es alles gebe, so Bose: „Das Buch soll den Katholiken ein wenig Selbstbewusstsein geben, dass sie zu dieser Stadt ganz wesentlich dazu gehören.“ Er habe ein Buch geschrieben, von dem er sich gewünscht hätte, es in einem Buchladen zu finden. Und ja, so Bose, es gebe einen Himmel über Berlin.

 

Thomas Brose: Kein Himmel über Berlin? Glauben in der Metropole. Das Buch ist im Verlag Butzon & Berker erschienen und kostet knapp 20 €.

 

(rv 06.12.2014 ord)