2014-12-05 09:30:00

Heiliges Land: „Nichts wird sein, wie es einmal war“


„Ganz ohne Zweifel sind wir weit weg vom Frieden und ich sehe auch keinen Wandel in der näheren Zukunft“: So kommentiert der Kustos des Heiligen Landes, Franziskanerpater Pierbattista Pizzaballa, die Beziehungen zwischen Israel und Palästina gegenüber dem Hilfswerk Kirche in Not. „Hier gibt es viel Frust und fehlendes Vertrauen“, so der Kustos weiter.

 

Es brauche Jahre, all den Hass zu vergessen, so Pizzaballa weiter, man müsse damit in den Schulen beginnen. Auch bräuchten vor allem die Palästinenser mehr als nur Versprechen. Israel dagegen brauche jemanden, mit dem es reden könne.

 

Anlass zu den jüngsten Spannungen waren Vorkommnisse auf dem Tempelberg in Jerusalem, erst an diesem Mittwoch war es erneut zu Ausschreitungen rund um die Al Aksa Moschee dort gekommen. Polizei war gegen vermummte vorgegangen, auch jüdische Radikale hatten wieder versucht, in den abgesperrten Bezirk zu kommen. Dazu kommt die Atmosphäre des Vorwahlkampfes in Israel: Premierminister Netanjahu will im Frühling des kommenden Jahres ein neues Parlament wählen lassen, seine Regierung war vor wenigen Tagen zerbrochen.

 

Die religiöse Dimension habe immer eine Rolle in dem ganzen Konflikt gespielt, erklärt Pater Pizzaballa, aber jetzt drohe sie alles zu dominieren: „Die jeweiligen religiösen Autoritäten versuchen, die Lage zu beruhigen, aber ich befürchte, es ist schon zu spät.“ Früher hätten die Christen wenigstens noch eine Vermittlerrolle spielen können, jetzt werde man aber zunehmend irrelevant, „wir sind zu wenige und dann auch noch unter uns gespalten. Wie können uns ja noch nicht einmal einigen, wer was in der Grabeskirche putzen darf.“

 

Und so verließen immer mehr Gläubige das Heilige Land, allein in den vergangenen drei Monate seien es fast zwanzig Familien gewesen, die aus Bethlehem in die USA oder nach Europa ausgewandert seien. Dazu kämen die Bedrohungen durch den so genannten Islamischen Staat und die Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien. Pater Pizzaballa beurteilt die Lage dramatisch: „Dieses vergangene Jahr war für den Nahen Osten das, was der Erste Weltkrieg für Europa war. Nichts wird sein, wie es einmal war.“

 

(rv/pm 05.12.2014 ord)








All the contents on this site are copyrighted ©.