2014-11-29 12:34:00

Türkei: „Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik"


Papst Franziskus hat der Türkei für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak gedankt. Das Land helfe an seinen Grenzen vielen von ihnen, sagte er am Freitag auf dem Flug von Rom nach Ankara vor Journalisten. „Danke für diesen Dienst“, so Franziskus wörtlich. Diesen Dank wiederholte er in seiner Ansprache an die Vertreter von Staat und Regierung, nach der Unterredung mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan.

 

Von einem „Paradigmenwechsel“ in der Flüchtlingspolitik der Türkei spricht im Interview mit Radio Vatikan Ottmar Oehring, der Leiter des Auslandsbüros der Konrad Adenauer-Stiftung in Jordanien. Mit der Regierung Erdogan sei das Problem überhaupt erst als ein solches begriffen worden, lobt der Türkei-Experte, der lange in dem Land gelebt hat:

 

„Die Türkei hat in der Vergangenheit Flüchtlinge eigentlich nicht übermäßig positiv behandelt auch keine entsprechende Politik und keine entsprechenden Institutionen gehabt, die sich um sie kümmerten. Heute gibt es tatsächlich eine staatliche Institution, die direkt beim Amt des Ministerpräsidenten angesiedelt ist, die für die Betreuung der Flüchtlinge zuständig ist. Und es gibt durchaus auch bei den christlichen Kirchen und dieser Institution Absprachen darüber, was mit den Christen geschehen soll.“

 

Im Südosten der Türkei wurden nach den Übergriffen der Terroristen in Syrien mehrere Flüchtlingscamps eingerichtet, die von den türkischen Autoritäten in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen betreut werden. Laut offizieller Angaben gibt es im Land 22 Flüchtlingscamps, die Gesamtzahl der Schutzsuchenden beläuft sich auf bis zu zwei Millionen, darunter kommt mit 1,7 Millionen Menschen der Großteil aus Syrien. Staat und Kirchen arbeiteten in der Flüchtlingshilfe zusammen, so Oehring. 

 

 „Natürlich werden die Christen, gerade jetzt, wo sie in großer Zahl in die Türkei kommen, verteilt auf verschiedene Städte in der Türkei, aber es gibt direkten Zugang der kirchlichen Obrigkeiten, insbesondere der Kirchen, denen die Flüchtlinge angehören, die jetzt in die Türkei kommen. Es gibt natürlich dann auch Betreuungsmöglichkeiten, wobei zu berücksichtigen ist, dass es aufgrund der Entwicklungen in der Türkei, der demographischen, sozialen, politischen Entwicklungen, natürlich vielerorts keine seelsorgerliche Betreuung für diese Menschen geben kann, es sei denn es reist ein Geistlicher aus Istanbul, Ankara oder Izmir an.“

 

In den großen Städten werden vieler dieser Flüchtlinge durch die Caritas betreut. Angesichts der steigenden Zahlen habe man alle Hände voll zu tun, berichtete in Istanbul im Interview mit Radio Vatikan Rinaldo Marmera, Direktor des türkischen Caritasverbandes und Sprecher der türkischen Bischofskonferenz. 

 

Gute Geschäfte für Schlepper

Andres Calleja vom Flüchtlingszentrum der Don Bosco-Schule der Salesianer in der Bosporus-Stadt, deutete an, das Geschäft der Menschenschlepper sei angesichts der Krisenlage im Irak und Syrien aufgeblüht: Die Mehrheit der Flüchtlinge, die er betreue, komme illegal ins Land und gehe illegal wieder fort. 5.000 türkische Lira werde pro Person gezahlt, um illegal von Istanbul nach Europa zu gelangen. Neben den syrischen und irakischen Flüchtlingen kämen auch viele Leute aus dem Iran her, so der Mitarbeiter. Er beobachtet, dass die meisten Christen nicht in der Türkei bleiben wollen: „Es sieht so aus, dass die Türkei sehr viele aufnimmt… Doch die Christen fühlen sich hier nicht so wohl und wollen alle woanders hin, in die USA; Kanada, Australien und Europa.“

 

(rv 28.11.2014 pr)








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