2014-11-27 14:44:00

Flüchtlinge in der Türkei: Kirche ist Ort des ersten Aufatmens


Papst Franziskus wird am Samstag in der Heilig-Geist-Kathedrale in Istanbul einen Gottesdienst mit Vertretern der christlichen Kirchen feiern. Für die katholische Gemeinde am Bosporus ist die interrituelle Messe das Hauptereignis des Papstbesuches und Gelegenheit, Franziskus aus der Nähe zu sehen. Etwa 25.000 Katholiken leben in Istanbul, die Hälfte aller Katholiken der ganzen Türkei. Die Heilig Geist-Kathedrale liegt in der Nähe des Taksim-Platzes im europäischen Teil der Stadt. Hier ist auch der Sitz des Apostolischen Vikariates zu finden. Doch auch aus einem anderen Grund hat dieser Ort Bedeutung für den Papstbesuch: Hier finden Menschen Zuflucht, die Franziskus besonders am Herzen liegen: Flüchtlinge.

Nach der Heilig-Geist-Kathedrale muss man ein wenig suchen; die kleine Barockkirche ist hinter einem Hinterhof und Eisentor versteckt und von der Straße überhaupt nicht zu sehen. Die Vorfreude in der katholischen Gemeinschaft ist groß, auch wenn nicht alle Gemeindemitglieder an der Papstmesse teilhaben werden können: Die Kirche ist eng und wird mit Patriarchen, Kardinälen und Metropoliten besetzt sein, für die einfachen Gläubigen bleibt da wenig Platz. Ein bisschen überrollt fühle man sich da schon, erzählt Andres Calleja, der hier Flüchtlingskinder in der angeschlossenen Schule der Salesianer betreut. Der gebürtige Spanier ist seit fünf Jahren in der katholischen Gemeinde aktiv.

„Wir müssen die Diplomaten und all die Leute akzeptieren, die sonst nie hier sind…. Die Philippiner, Migranten und all diejenigen, die sonst herkommen, finden dagegen keinen Platz…. Die Kirche bleibt in diesem Sinne etwas, nun ja, klein.“

Die Salesianer betreiben in dem an die Kathedrale angegliederten Gebäudekomplex seit 1983 eine informelle Schule für rund 320 Flüchtlingskinder, viele davon aus dem Irak und Syrien. Hundert von ihnen wird der Papst dem Sonntag im Vikariat noch treffen können, kurz vor seinem Abflug zurück nach Rom, immerhin. Für Calleja ist das eine Freude:

„Wir freuen uns, dass der Papst die Flüchtlinge treffen will… Franziskus wollte nicht nur 50 treffen, sondern hat klar gemacht, dass er mehr von den jungen Leuten treffen will. Und so rechnet er damit, dass er hier am Sonntag junge Leute begrüßen kann, Flüchtlinge aus dem Irak, aus Afrika, aus dem Irak, aus Syrien, Katholiken und Muslime – diese Idee hat ihm gefallen.“

Jeden Tag kämen hier Flüchtlinge an, berichtet Calleja, vor allem aus dem Irak und Syrien, wo Bürgerkrieg und Terror wüten, kämen immer mehr Menschen her, Tendenz steigend. Die Flüchtlingshilfe der Salesianer in Istanbul habe aber bereits während der ersten Golfkriege begonnen:

„Schon vor vielen Jahren, als das Phänomen der Flüchtlinge aus dem Irak begann, haben wir damit angefangen…. Schulen in Englisch zu führen, weil die meisten nach Kanada oder in die USA weiterwollen. Wenige von ihnen wollen nach Europa. Deshalb machen wir Unterricht in Englisch, wollen aber auch ein therapeutisches Ambiente schaffen: Tanz, Musik, eine Familie verschiedener Religionen…“

Insgesamt betreuten die Schule und ihre Helfer 600 Jugendliche und ihre Familien, berichtet Calleja. Wenige blieben in der Türkei, die meisten fänden nach ein paar Monaten Asyl in Kanada und den USA. Die Syrer aber, die vor allem nach Europa wollten, hätten ein Problem: Die UNO tue sich schwer, sie als „Flüchtlinge“ anzuerkennen. Die Don Bosco Schule und Heilig-Geist-Gemeinschaft sei für all diese Menschen ein erstes Aufatmen nach einer Zeit der Angst und Entbehrung.

„Alle, wirklich alle sagen, das hier ist ein kleines Paradies. Sie haben so viel zurückgelassen und gelitten, haben keine Arbeit, kein Heim, kein Geld… Aber wenn sie ihre Kinder hier lassen, ist es leichter für die Eltern… Wir beschäftigen auch zehn Professoren, die damit ihren Familien helfen können… Sie spüren, dass unsere Unterstützung sie auf eine Zukunft vorbereitet.“

Ein Paar der Flüchtlingskinder aus der Don Bosco-Schule werden am Samstag auch an dem Gottesdienst mit Papst Franziskus teilnehmen, so Calleja. In der interrituellen und auf Latein zelebrierten Messe, an der auch Patriarch Bartholomaios I. teilnimmt, werden Gebete auf verschiedenen Sprachen vorgetragen: Armenisch, Türkisch, Italienisch, Französisch, Englisch und Spanisch sowie Aramäisch, das während des chaldäischen Ritus zum Einsatz kommt.

(rv 26.11.2014 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.