Jordanischer Prinz fordert Einrichtung eines Islam-Rates
Der Islam sollte einen
„Vatikan-artigen“ Rat einrichten und sich damit eine oberste, zentrale Autorität geben.
Das schlägt der jordanische Prinz El Hassan bin Talal vor. Der Bruder des früheren
Königs Hussein und Onkel des jetzigen Königs Abdullah hält eine oberste Autorität
im Islam für dringend nötig – etwa um islamistischem Terrorismus entgegenzutreten.
Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte Prinz Hassan:
„Wenn man sieht, wie die
USA einmal die Mudschahedin in Afghanistan unterstützten – und daraus dann die Taliban
entstanden, gefolgt von al-Quaida, gefolgt vom Islamischen Staat, dann scheint mir:
Man bräuchte dringend einen Vatikan-artigen Rat in Mekka. Mekka ist die zentrale Stadt
für Muslime in aller Welt. Die Anhänger des Islamischen Staats sind kaltherzige, todbringende
Menschen, Muslime nur dem Namen nach – sie töten sogar noch mehr Muslime als Christen,
bzw. schlagen sie in die Flucht. Die Tatsache, dass die Christen leiden, ist für uns
alle furchtbar, aber in Wirklichkeit sind wir eine einzige Gemeinschaft: Christen
arabischer Kultur und Muslime arabischer Kultur... Wir sind nur dem Namen nach eine
Region. Es gibt drei starke Länder bei uns: Israel, die Türkei und Iran. Araber –
ob Muslime oder Christen – sind zu Brennholz geworden.“
Prinz Hassan hat
Orientwissenschaften in Oxford studiert und ist ein Pionier des interreligiösen Dialogs;
u.a. hat er einen jüdisch-muslimisch-christlichen Trialog ins Leben gerufen. Bis 2006
war er Präsident der „Weltkonferenz Religionen für den Frieden“. Seine Idee eines
Islamrates in Mekka präzisierte er uns gegenüber so:
„Beratung ist wesentlich
(im Islam). Am Ende jeder Hadsch (das ist die alljährliche Mekka-Wallfahrt, Anm.d.Red.)
sollte ein Schura-Rat zusammentreten, der die vier Rechtsschulen im Islam repräsentiert:
Sunna, die zwei Schulen der Schia und die Ibadi von Oman und Algerien. Das würde einen
Bezugspunkt schaffen für das Gespräch mit dem Islam und mit religiösen Einrichtungen
überhaupt. Wir müssen uns klarmachen, dass es nicht um Politik geht: Es geht um Moral,
um Ethik, darum, sich über den Konflikt zu erheben. Den Menschen Hoffnung zu geben.
Und ich denke, die dichte Symbolik Mekkas ist fast verschwendet, wenn wir nicht einen
solchen Dialog einrichten; Schura – Beratung – ist Teil des muslimischen Glaubens.
Und sie ist auch verschwendet, wenn wir nicht eine weltumspannende Zakat-Einrichtung
(d.h. ein Hilfswerk) gründen – schließlich sind siebzig Prozent der Flüchtlinge in
aller Welt Muslime! Was tun die reichen Muslime für diese Flüchtlinge?“
Große
Erfolgsaussichten für die nähere Zukunft räumt Prinz Hassan seinen Projekten allerdings
nicht ein. Es werde viel geredet, sagt er, zum Beispiel über eine regionale Entwicklungsbank.
An den Gesprächen über eine Zakat-Organisation nehme er schon seit über 35 Jahren
teil, doch noch sei nichts geschehen. Wenn Geld ausgegeben werde, „dann leider für
Waffen, um andere zu bombardieren“.