Hätte, sollte, müsste:
Die internationale Gemeinschaft hätte nach Ansicht von Bischof Franz-Josef Overbeck
von Essen viel früher den Vormarsch des „Islamischen Staates“ stoppen müssen. Das
ist eine interessante Meinung für einen Bischof – auch wenn Overbeck gleichzeitig
deutscher Militärbischof ist. Dem Kölner Domradio sagte er, jede Religion, auch der
Islam, habe zunächst einmal ein „Friedenspotential“:
„Wenn es aber um die
Frage geht, wie kann diese Religion gelebt werden - das hat dann mit der Wahrheit
zu tun -, gibt es immer wieder Konflikte. Konflikte werden oft mit Gewalt ausgetragen.
Eine solche Spur zieht ebenso wie die Friedensfähigkeit von Religionen auch die Geschichte,
nämlich die Wirklichkeit, dass Religion nicht nur mit Gewalt zusammengedacht wird,
sondern auch zusammengelebt wird. Das kann man momentan im Mittleren Osten erleben.“
Menschen stünden immer in der Gefahr „ideologisch zu werden“, meint Overbeck.
Und darum könne der Mensch auch „die Religion so missbrauchen, dass er gegen das Wesen
der Religion selbst verstößt und eben, angeblich um religiöse Konflikte zu bewältigen,
Kriege entfacht“. Jesus habe uns zwar geboten, die Feinde zu lieben. Aber:
„Angesichts
der Konflikte und der Opfer, die sie hervorbringen, ist immer auch eine andere Feststellung
zu machen. Jeder Mensch hat das Recht auf Unversehrtheit von Leib, Seele und Geist!
Er soll und muss mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen und die erst einmal
friedliche sind, dafür einstehen, dass er auch unversehrt bleibt. Jetzt sehen wir
massenhaft im Mittleren Osten, dass mit Gewalt im Namen der Religion vorgegangen wird
und damit auch klare Ziele verfolgt werden: Nämlich Opfer zu produzieren, vor allen
Dingen auch viele Menschen zu töten. In diesem Fall gilt nicht nur 'du sollst nicht
töten', sondern auch 'du sollst nicht töten lassen'. Und unter dieser Rücksicht ist
dann geboten, einzuschreiten.“
„Ein Konflikt, der nicht auflösbar
ist“
Dabei entstehe allerdings „ein Konflikt, der nicht auflösbar ist“,
so Overbeck: „dass nämlich immer Schuldzusammenhänge entstehen“.
„Wer 'Du
sollst nicht töten lassen' ernst nimmt, der nimmt in Kauf, dass andere Menschen dafür
sterben müssen. Das löst einen solch schuldhaften Konflikt nicht ins Positive auf,
sondern belastet ihn.“
Eingreifen oder nicht eingreifen – das müsse man
in jedem Einzelfall „klug bedenken“, denn eine „generelle Lösung“ gebe es da nicht.
„Deutlich ist nur, dass das, was wir heute Schutzverantwortung nennen,
zu der Verantwortlichkeit der Weltgemeinschaft für alle Menschen oder auch für Bevölkerungsgruppen
und für einzelne Staaten gehört, der wir nicht entkommen.“
Was heißt das
im konkreten Fall, nämlich dem militärischen Einsatz gegen die IS-Terroristen im Nordirak?
Overbeck sagt: Dieser Einsatz ist gerechtfertigt.
„Dazu stehe ich aufgrund
der Opfer, die die Gewalt des IS produziert hat. Um gerade auch als Christ und als
Bischof in diesem Sinne erst recht zu sagen: Opfer sind immer und überall zu schützen!“