50 Jahre Pro Oriente in Wien – Es gibt keine Alternative zum Dialog
Zum Dialog und zur
Versöhnung gibt es keine Alternative, auch wenn es bis zur Einheit der Kirchen noch
ein weiter Weg ist. Das betonte Patriarch Bartholomaios am Samstag in Wien beim Festakt
zum 50-Jahr-Jubiläum der ökumenischen Stiftung Pro Oriente. Neben dem Ehrenoberhaupt
der orthodoxen Christen, nahm auch der koptisch-orthodoxe Patriarch Papst Tawadros
teil, sowie Kardinal Kurt Koch, der im Vatikan für Ökumene zuständig ist. Die aktuellen
weltweiten Herausforderungen, seien es soziale oder auch ökologische, würden aber
die Zusammenarbeit aller christlichen Kirchen unabdingbar machen, so Patriarch Bartholomaios.
„Dank
des bedeutenden Einsatzes von Organisationen und Institutionen wie Pro Oriente hat
der Geist brüderlicher Liebe und gegenseitigen Respekts die alte theologische Polemik
und das gegenseitige Misstrauen ersetzt. Natürlich sind wir ehrlich genug zuzugeben,
dass noch vieles geschehen muss und der Weg dahin scheint manchmal lang und mühsam
zu sein. Es gibt die umstrittenen theologischen Fragen nach dem Primat und der Kollegialität,
die derzeit zur Verhandlung auf dem Tisch sind; und es gibt das delikate Problem des
Uniatismus' das einmal zur Unterbrechung des Dialogs geführt hat: in Baltimore. Doch
wir müssen bekennen, dass es keinen alternativen Weg als den Dialog gibt und die Versöhnung.“
Kardinal
Koch lobte den „ökumenischen Königsweg", mit dem es Pro Oriente gelungen sei, in inoffiziellen
Begegnungen die Ökumene in Gang zu bringen. Koch warnte zugleich vor der Gefahr, das
in den vergangenen 50 Jahren in der Ökumene Erreichte zu vergessen und nur mehr von
einer aktuellen Ermüdung zu sprechen.
„Die Geschichte von Pro Oriente zeigt,
dass das Vorankommen und Gelingen von ökumenischen Dialogen weitegehend von den Menschen
abhängt, die sich für ihn einsetzen. Das wird auch in Zukunft nicht anders sein. Die
Förderung des theologischen und ökumenischen gebildeten Nachwuchses muss deshalb in
der unmittelbaren Zukunft Priorität haben. Ich bin Pro Oriente sehr dankbar für die
Gründung einer neuen Kommission von jungen orthodoxen und katholischen Theologen und
Theologinnen, die sich mit den bisherigen Ergebnissen des offiziellen katholisch-orthodoxen
Dialogs kritisch auseinandersetzen und in einer produktiven Unzufriedenheit mit dem
Bisherigen und in einer kreativen Unruhe innovative Wege auskundschaften.“
Der
koptische Papst-Patriarch Tawadros II. griff den Friedens- und Einheitsappell von
Patriarch Bartholomaios auf. Gerade in jenen Ländern, wo Christen eine Minderheit
sind, sei das gemeinsame Zeugnis der Einheit überlebensnotwendig. Auch Kardinal Christoph
Schönborn betonte, dass die Not der verfolgten Christen eine ökumenische Herausforderung
ist:
„Die Lage der Christenheit hat sich in vielen Teilen der Welt dramatisch
verschlechtert, ist dramatisch schwerer geworden. Pro Oriente wird mit Blick auf die
Zukunft vermehrt den Auftrag haben, auch eine Stimme jener Christen des Ostens zu
sein, die keine Stimme erheben können, die unter Verfolgung leiden; und hier erweist
sich, was ich gestern dem Herrn Bundespräsidenten gesagt habe: Pro Oriente ist nicht
nur eine gute Idee, sondern auch ein Auftrag für Österreich, ein Auftrag für die katholische
Kirche und die Ökumene in Österreich, eine Stimme zu sein für die Brüder und Schwestern,
die für ihren Glauben das Kreuz tragen.“
Die Stiftung Pro Oriente wurde
vom Wiener Kardinal Franz König noch während des Zweiten Vatikanischen Konzils am
4. November 1964 in Wien begründet. Pro Oriente arbeitet seither auf wissenschaftlicher
Ebene und durch „Reisediplomatie“ an der Überwindung der Spaltung zwischen Römisch-Katholischer
Kirche und Orthodoxen bzw. Orientalisch-Orthodoxen Kirchen. Viele offizielle ökumenische
Übereinkünfte gehen auf Aktivitäten der Stiftung zurück.