2014-11-07 14:38:51

Staatenlos sein ist wie blind sein...


RealAudioMP3 „Nein. Non. No. Nao.“
Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal: Wir leben in Staaten, sind in Staaten aufgewachsen, haben eine Zugehörigkeit, haben einen Pass - und wissen gar nicht, was es heißt, „staatenlos“ zu sein. Was es heißt, kein Zuhause zu haben, nicht zu wissen, wo man hingehört, keine Papiere und keine Rechte zu haben. Die aktuelle Kampagne der Vereinten Nationen möchte auf genau diese Problematik aufmerksam machen, schließlich wird alle zehn Minuten ein neues Kind ohne Staat geboren. Die Sprecherin des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Carlotta Sami, erklärt Radio Vatikan, wie sich das anfühlt, staatenlos zu sein:

„Staatenlos sein ist wie blind sein. Man geht aus der Haustür heraus und ist plötzlich blind: Man hat auf nichts Zugriff. Keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, kein Zuhause, keine Chance auf eine Schule, einen Job… Es ist wirklich ein Albtraum für Menschen, staatenlos zu sein!“
Mindestens 10 Millionen Menschen sind nach Berechnungen der Vereinten Nationen staatenlos – das sind mehr als alle Einwohner in New York, und ungefähr dreimal so viele Menschen, wie in Berlin leben. Vor allem auf der Flucht geborene Kindern sind betroffen von diesem fast lebenslangem Urteil „Staatenlosigkeit“. Dagegen will die neue Kampagne des UNHCR Einspruch einlegen. Ihr Ziel heißt: In spätestens zehn Jahren hat jeder Mensch - hoffentlich - mindestens eine Staatsangehörigkeit.

Staatenlose leben in fast allen Regionen: von Osteuropa über Afrika und den Mittleren Osten bis nach Südostasien. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. In vielen Fällen sind sie Opfer ethnischer oder religiöser Diskriminierung, oder sie werden durch Kriege und Konflikte wie in Syrien plötzlich staatenlos. Meistens aber sind Menschen staatenlos aufgrund der Entscheidungen oder Handlungen anderer Menschen:
„In Italien beispielsweise gibt es viele staatenlose Menschen aus dem früheren Jugoslawien, oder aus asiatischen Ländern. Menschen in der Dominikanischen Republik sind aufgrund einer Gesetzesänderung plötzlich staatenlos, und Migranten aus Kuba bekommen selbst in ihrem Herkunftsland keine Staatsbürgerschaft und auch nicht in ihrem Zielland: Sie sind also in einem Schwebezustand.“
Die meisten staatenlosen Menschen leben in Myanmar: 800.000 Menschen muslimischen Glaubens, Angehörige der ethnischen Gruppe Rohingya. Ihnen wird die Nationalität wegen eines Gesetzes aus dem Jahr 1982 verweigert. Eine andere große Gruppe sind die Bihari in Bangladesch: 600.000 Ex-Sowjetbürger ohne Nationalität, zwanzig Jahre nach dem Zerfall der UdSSR. Und natürlich die vielen Kinder syrischer Frauen, die auf der Flucht das Licht der Welt erblicken und in den Nachbarländern - Ägypten, Türkei, Libanon, Irak, Jordanien - keine Geburtsurkunde bekommen.
UNHCR hat einen Zehn-Punkte- Plan aufgestellt. Darin werden Länder aufgefordert, ihre Staatsbürgerschaftsgesetze zu reformieren und Staatenlose einzubürgern. Der Plan enthält außerdem einen Hinweis auf die beiden internationalen Konventionen über Staatenlose von 1954 und 1961, denen weitere Staaten beitreten sollten.
(rv 07.11.2014 no)








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