2014-10-28 11:38:46

D: Wolfgang Thierse und die Wende-Zeit vor 25 Jahren


RealAudioMP3 Wolfgang Thierse, ehemaliger Bundestagspräsident und Mitglied des Zentralrats der deutschen Katholiken (ZdK), hat die Wende-Zeit 1989 als DDR-Bürger hautnah miterlebt. Im Interview mit dem Kölner Domradio erzählt er, wie er diesen Höhepunkt deutscher Geschichte erlebt hat.

In den Stunden, als die Berliner Mauer fiel, habe er „nichts Besonderes“ gemacht, so Thierse. Auf einmal sei die Meldung über die Pressekonferenz mit dem SED-Bezirksparteichef Schabowski gekommen - samt den „etwas undeutlichen Äußerungen“, dass man ab sofort auch in den Westen reisen könne.

„Wir haben das nicht richtig verstanden, wir haben das nicht geglaubt, was meint der da? Das ist doch wahrscheinlich wieder irgendein lügnerischer Trick. Erst im Laufe des weiteren Abends, als Bilder vom Grenzübergang Bornholmer Straße, nicht weit weg von uns, auch in Berlin Prenzlauer Berg, zu sehen waren - Menschen standen davor und drückten in den Westen -, da haben wir es geglaubt, aber sind nicht sofort losgerast, sondern haben gedacht: Wenn das wirklich alles stimmt, wollen wir das zusammen mit unseren Kindern erleben!“

Doch wollten sie „nicht abhauen wie viele andere“, so der heutige SPD-Politiker Thierse.

Es war doch im Herbst `89 bis Anfang 1990 unklar, in welche Richtung die Entwicklung gehen wird, wie schnell die staatliche Vereinigung möglich sein wird. Damals haben ja alle, wir im Osten, aber auch die Politiker im Westen gedacht: Schritt für Schritt muss es vorangehen. Vielleicht dauert es ein, zwei, drei, vier Jahre... Dass dann alles viel schneller ging, war die Dramatik der Geschichte. Das hat mit dem Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft zu tun, es hat mit der Ungeduld der Ostdeutschen zu tun, es hat mit der außenpolitischen Unsicherheit zu tun: Wie lange wird Gorbatschow sein Ja zur deutschen Einheit durchhalten? Das war die Beschleunigung der Geschichte; das konnte keiner vorhersehen. Wer das hinterher behauptet, der lügt schlichtweg.“

Eine Nation, eine soziale Gemeinschaft müsse vernünftigerweise eine Erinnerungsgemeinschaft sein, „sonst geht manches schief“, fügt Thierse an.

(domradio 28.10.2014 mg)







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