2014-10-14 12:48:46

Nahost: Einsatz, bevor es zu spät ist


Ein Naher Osten ohne Christen – diese düstere Vision könnte inzwischen nach Ansicht verschiedener Kirchenführer der Region tatsächlich Wirklichkeit werden. Papst Franziskus hat die Bedrohung der christlichen Gemeinschaften kurzerhand zum Thema der nächsten Kardinalsversammlung am 20. Oktober gemacht. Die Heiligsprechungen, um die es auf dem Konsistorium ursprünglich gehen sollte, rückten damit in den Hintergrund: Ziel der Versammlung wird sein, Kräfte zu bündeln und gemeinsam die Stimme zu erheben für einen effektiven Einsatz gegen die Terrormiliz des Islamischen Staates (IS), die inzwischen weite Teile Syriens und des Irak kontrolliert.


Systematische Vertreibung?

Der armenische Katholikos von Kilikien, Aram Keshishian I., verweist in einem aktuellen Interview auf einen gemeinsamen Plan der verschiedenen islamistischen Terrorgruppierungen zur Vertreibung aller Christen aus dem Nahen Osten. Im Gespräch mit dem griechisch-orthodoxen Kirchenjournalisten Makis Adamopoulos beklagte das geistliche Oberhaupt der armenischen Christen im Orient und einer weltweiten Diaspora die Vernichtung von Gemeinden, Strukturen und Institutionen aller christlichen Kirchen, die fast zwei Jahrtausende lang die Herrschaft von Arabern, Türken und zuletzt diktatorischer Regime überdauert hatten. Es sehe danach aus, als sei über das nahöstliche Christentum wirklich eine „Endzeit“ hereingebrochen, so der armenische Katholikos von Kilikien wörtlich.


„Keine Hoffnung auf Rückkehr“

Für den Irak hat sich diese Lage schon fast bestätigt. 70.000 syrische Katholiken, das sind fast drei Viertel dieser Christen im Irak, sind von der Gewalt der Dschihadisten betroffen, berichtet im Interview mit Radio Vatikan Patriarch Ignatius Josef Younan, der derzeit an der Weltbischofssynode im Vatikan teilnimmt. Nach der Flucht gebe es für die Familien kein Zurück mehr, urteilt das Oberhaupt der syrisch-katholischen Kirche. Für die christlichen Gemeinschaften des Nordirak sei die Lage „katastrophal“:

„Sie wissen nicht, wo sie hingehen können. Wir haben nur unsere Kirche in Bagdad, und wir wissen nicht, wie wir unseren Leuten helfen sollen, vor allem den Jugendlichen, die in einer Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit leben.“

In Syrien sind laut Angaben des Patriarchen zwischen 35 bis 40.000 Katholiken von der Gewalt betroffen. Es gebe keine Region im gesamten Nahen Osten, in der die Lage der Christen so fatal sei wie derzeit in Syrien und im Irak. Die Zwangskonvertierungen und Diskriminierungen, die Gewalt und Vertreibungen im Nordirak kämen insgesamt einer „Art Genozid“ gleich, so der Patriarch:

„Sie wurden von ihrem Land vertrieben, und wir haben – was sehr traurig ist zu sagen – keinerlei Hoffnung darauf, dass diese Menschen jemals zurückkehren werden können. Und wenn sie zurückkehren – wer garantiert für ihre Sicherheit?“

Die Kräfte bündeln

Younan setzt wie andere Kirchenführer des Nahen Osten große Hoffnungen in das Konsistorium im Vatikan. Zusammen wolle man alle Hebel in Gang setzen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um den Christen im Nahen Osten zu helfen. Dazu genutzt werden müssten die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhles, sein mediales Netzwerk sowie sein Einfluss in der internationalen Gemeinschaft, so der Patriarch im Gespräch mit Radio Vatikan.

(rv 14.10.2014 pr)








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