„Islamischer Staat“
und Ebola haben eines erreicht: Die Krise in der Ostukraine ist in die hinteren Spalten
der Tageszeitungen gerutscht. Dabei kommt es immer noch täglich zu Verletzungen des
Waffenstillstands von Minsk; in Donezk kommen Zivilisten ums Leben. Am 16. Oktober
wollen sich die Präsidenten der Ukraine und Russlands, Petro Poroschenko und Wladimir
Putin, treffen, um über die Dauerkrise zu sprechen. „Wir leben heute in der Ukraine
in drei verschiedenen Welten“, sagt der Großerzbischof von Kiew, Swjatoslav Schewtschuk,
in einem Interview mit Radio Vatikan:
„Zunächst einmal der große Schmerz:
die Toten jeden Tages. Im Monat seit Bestehen der Waffenruhe sind über fünfzig ukrainische
Soldaten und viele Zivilisten getötet worden; auch auf internationaler Ebene ist es
nicht gelungen, von der Waffenruhe zu einem echten Frieden überzugehen. Das Zweite
ist die Sehnsucht nach Freiheit und Würde. Wir sehen in den Gebieten an der russischen
Grenze neue Konzentrationslager, neue Massengräber, es zirkulieren Listen mit den
Namen von Menschen, die eliminiert werden sollen! Aber drittens: Hoffnung. Diese neue
Ukraine, die gerade aus all dem Leiden entsteht, ist eine Gesellschaft, die Ukrainer,
Russen, Juden, Polen, Ungarn, einfach alle, die in der Ukraine leben, mit einschließt:
Katholiken, Orthodoxe, Muslime, Protestanten, Juden. Da entsteht eine neue Nation,
das gibt uns wirklich große Hoffnung.“
Auf das Wort „Hoffnung“ reimt sich
allerdings das Meiste nicht, was die Ukrainer im Moment erleben. Das weiß auch der
griechisch-katholische Kirchenmann. Er spricht von einer halben Million Flüchtlingen
im Land; damit werde die Ukraine nicht alleine fertig. Klar ist: Solange es Putin
von Russland aus gelingt, die Ukraine notorisch instabil zu machen, ist gar nichts
gelöst.
„Man sollte, finde ich, jede Anstrengung machen, um einen Frieden
zu vermitteln – damit das Feuer nicht auf der Ebene der Absichtserklärungen eingestellt
wird, sondern in der Praxis! Das wäre der erste Schritt. Und dann muss man unterstreichen,
dass die Ukraine die Integration in die Europäische Union gewählt hat – wir sind ein
europäisches Land, und als solches wollen wir anerkannt und verteidigt werden!“