Papst Franziskus spricht am kommenden Sonntag auf dem Petersplatz in Rom Papst Paul
VI. selig, der von 1963 bis 1978 im Amt war. Zu diesem Anlass gibt es auf der Homepage
der Deutschen Bischofskonferenz ab diesem Montag ein Online-Dossier. Darin setzt
sich unter anderem der Mainzer Kardinal Karl Lehmann als Zeitzeuge mit dem Montini-Papst
auseinander. Kardinal Lehmann schreibt, er sei überzeugt, dass der Papst, der bis
heute für viele als der sogenannte „Pillenpapst“ gelte, verkannt werde. Paul VI. habe
mit großer Entschlossenheit das Zweite Vatikanische Konzil fortgesetzt und viel „für
die Verwirklichung der nachkonziliaren Reformen“ getan, so Kardinal Lehmann. „Er hat
als Papst die für die Kirche schwierigen, aufgestauten Probleme der Moderne erkannt
und die ‚Zeichen der Zeit‘ nüchtern zur Kenntnis genommen. Er bereiste als erster
Papst die Welt, baute Brücken zur Orthodoxie, zum Judentum und galt rasch durch seinen
Einsatz für Evangelisierung, Frieden, Entwicklung und Gerechtigkeit als der erste
moderne Papst.“
Papst Paul VI. sei durchaus bewusst gewesen, dass die Enzyklika
„Humanae vitae – zu den Fragen von Ehe und Familie heute“ großes Gewicht habe. Kardinal
Lehmann zitiert den Papst mit den Worten: „Schweigen können wir nicht. Reden ist problematisch.
Solche Fragen hat die Kirche seit Jahrhunderten nicht lösen müssen.“ Die Äußerungen
zur Empfängnisverhütung und Geburtenregelung in der Enzyklika „Humane vitae“ seien
allerdings nur wenige Zeilen in einer lehrreichen Enzyklika zu Ehe und Familie, was
leider bis heute nicht genügend beachtet werde.
Als Errungenschaften unter
dem Pontifikat von Papst Paul VI. hebt Kardinal Lehmann die Schaffung des erneuerten
Messbuches 1969, der Weltfriedenstage, der Abteilung für Moderne Kunst in den Vatikanischen
Museen, der Bischofssynode sowie die Äußerungen zum Frieden und zur Entwicklung der
Völker in der Enzyklika „Populorum progressio“ von 1967 hervor. Lehmann erinnert auch
daran, dass es Papst Paul VI. war, der die Tiara, die dreifache Krone des Papstes,
für immer absetzte und zugunsten der Armen verkaufte.