In Hongkong halten
die Proteste an: Seit fünf Tagen sind die Menschen auf den Straßen und demonstrieren
für mehr Demokratie in der Sonderverwaltungszone. Die Innenstadt ist gesperrt, Schulen
und Kindergarten blieben zu. Der katholische Bischof von Hongkong, Kardinal John Tong,
hat die Gewalt gegen Demonstranten kritisiert und zugleich die Demonstranten dazu
aufgerufen, friedlich zu bleiben. Oberste Priorität müsse die Sicherheit der Bürger
haben.
Es sind die ersten größeren Studentenproteste in China seit den blutig
niedergeschlagenen von 1989. Die Stichworte und Hashtags der aktuellen Bewegung heißen
#OccupyHongKong, #OccupyCentral und #Umbrella-Revolution. „Regenschirm-Revolution“
deshalb, weil sich die Studenten mit Regenschirmen gegen Tränengas, Gummigeschosse
und Pfefferspray der Polizei verteidigen. Radio Vatikan hat am Dienstag Pater Jim
Mulroney (SSC) in Hong Kong erreicht. Er erzählt, dass die Atmosphäre in der Großstadt
„elektrisierend“ sei und die Menschen eine unglaubliche Entschlossenheit zeigten:
„Ich
bin gerade mit dem Taxi ins Büro gefahren, und der Taxifahrer fragte mich: "Verstehen
Sie, was in Hong Kong gerade passiert? Und ich sagte: ‚Ja, das tue ich. Ich war gestern
auch bei den Demonstrationen dabei.‘ Ich fragte ihn, ob er gestern auch dabei war.
Und er sagte: ‚Ja, das war ich, und ich werde auch heute Nacht wieder hingehen‘. Er
sagte das mit einer Entschlossenheit in seinen Augen, und diese starke Entschlossenheit
haben so viele Menschen. Montagnacht waren mindestens 200.000 Menschen auf den Straßen!"
Die
Demonstranten fordern von der Zentralregierung in Peking die Rücknahme einer umstrittenen
Wahlreform. Sie kritisieren vor allem, dass bei der nächsten Abstimmung über einen
Regierungschef für Hongkong im Jahr 2017 nur von Peking vorab ausgewählte Kandidaten
antreten dürfen.
„Die große Frage ist: Wie geht es jetzt weiter? Die Regierung
von Hong Kong ist nicht sehr gut in der Planung von Sachen, sie hat einfach keinen
nachvollziehbaren Plan. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass sie nicht frei
genug ist und von anderen abhängt, und dass die Regierung aus Peking die Planung für
sie übernimmt."
In der Nacht auf Dienstag hat sich die Polizei weitgehend
zurückgehalten, um weitere Konfrontationen zu vermeiden. Die Stimmen werden jedoch
lauter werden und die erhobenen Hände werden mehr, berichtet Pater Mulroney. Die Kirche
übernehme im Zentrum von Hong Kong die Funktion eines Schutzraumes, bleibe aber politisch
neutral, so der Pater. Viele rechneten mit einem härteren Durchgreifen der Sicherheitskräfte,
doch die Demonstranten wollten nicht gehen. Aus ihrer Sicht sei die Nacht ab Mittwoch
besonders wichtig:
"Morgen ist der chinesische Nationalfeiertag; die Menschen
werden auf der Straße bleiben, und auch den darauffolgenden Tag werden es, meiner
Meinung nach, mehr Demonstranten werden. Es wird eine Menschenmasse sein, die die
Hälfte der Stadt füllen wird. Es wird auch Gebetstreffen und Nachtwachen in einigen
von Hongkongs Kirchen Sonntagnacht geben. Einige Kirchen in der Nähe der Demonstrationen
sind auch jetzt schon eine große Unterstützung. Sie wurden als eine Art ‚Pausenraum‘
genützt, die jüngeren Menschen der Pfarrei sind vor Ort, und es gibt für die Demonstranten
Getränke und auch etwas zu essen. Sie können dort Erholung suchen, mit jemandem sprechen
oder beten - ganz nach ihren Bedürfnissen. Die Kirche hier unterstützt das Recht der
Menschen, zu demonstrieren, und wird dies weiterhin tun."