Irak: Patriarch sieht internationaler Eingriff als Lösung
Die USA wollen härter
als bisher gegen die „Islamischen Staat“ einschreiten. Künftig werde es US-Luftangriffe
nicht nur im Irak, sondern auch in Syrien geben, kündigte US-Präsident Barack Obama
in einer TV-Rede an die Nation am Vorabend des 11. September an. Obama versprach die
„Zerstörung“ der Terrormiliz IS. Seine Strategie umfasse auch mehr US-Soldaten vor
Ort, um irakische Streitkräfte auszubilden, sowie Ausrüstung und Training für gemäßigte
syrische Rebellen, sagte der Präsident. All das möchte Obama mit einer internationalen
Allianz unter US-Führung ins Werk setzen, die aus Ländern wie Großbritannien, Frankreich,
Deutschland, Italien, Polen, Dänemark, Kanada, Australien, Jordanien, der Türkei,
Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten besteht. Die Maßnahmen, zu denen
die USA nun greifen wollen, dürften den verfolgten Minderheiten im Irak aus dem Herzen
sprechen. Der chaldäische Patriarch Louis Raphael Sako I. von Bagdad ist derzeit international
auf Tour, um auf die Nöte der irakischen Christen aufmerksam zu machen – und er kommt
dabei auch nach Washington. Wir sprachen mit dem Patriarchen am Montag in Antwerpen
beim ökumenischen Friedenstreffen von Sant’Egidio. Der „Islamische Staat“ sei überhaupt
nur mit einem internationalen militärischem Eingriff einzudämmen, sagte uns Sako:
„Man braucht einen internationalen militärischen Eingriff. Die irakische
Regierung ist dazu nicht in der Lage, denn sie kontrolliert derzeit nur die Hälfte
des Landes: Bagdad und den Süden. Aber Mossul, Ramadi und Kurdistan? Es gibt ein Berufsheer,
viele Milizen... alles sektiererisch. Der „Islamische Staat“ ist ein sehr starkes
Gebilde, gut trainiert und mit Waffen versorgt. Alleine kann man dagegen nicht kämpfen.“
Im
Interview erklärt Sako, der starke Glauben der Christen sei keine Ideologie, keine
Spekulation, sondern „eine tiefe Verbundenheit“. Die Muslime müssen sich seiner Meinung
nach mehr mit ihren Texten auseinandersetzen, so wie auch die Christen, die mit und
anhand der Bibel ihre Interpretation dieser Texte überdenken. „Es gibt eine
Interpretation, eine Exegese. Diese Entwicklung müssen die Muslime in der Schule lehren,
um eine neue Generation des Islams aufzubauen, sonst hat der Islam keine Zukunft.
Sie müssen verstehen, wo sie enden werden. Überall gibt es Probleme, Gewalt und die
Christen gehen weg. Die Dschihadisten töten erst die Christen, dann ihre Brüder. Das
machen sie schon jetzt. Ich denke, dass die Muslime in einer Krise sind.“
Auch
jene Muslime, die sich klar vom Terror der Dschihadisten abgrenzen, erkennen dem Patriarchen
zufolge nicht den Ernst der Lage:
„Sie sind nicht realistisch. Sie
müssen den Mut haben, es so zu sagen wie es ist, und Lösungen finden. Sie müssen aus
unserer Erfahrung lernen: Wenn der Islam akzeptiert werden will, dann muss er aktualisiert
werden. Heute, mit dieser Mentalität, mit dieser Ideologie das Leben und die Kultur
zu bekämpfen: Wo ist da der Sinn für Realität?“