2014-09-07 09:30:22

Nigeria/Somalia: Terrorismus ändert seine Strategie


RealAudioMP3 In Somalia ist ein Schlag gegen den Islamistenterror gelungen – in Nigeria steht er noch aus. Der Anführer der Al Shabaab-Miliz in Somalia wurde am Montag durch einen US-Angriff getötet; Ahmed Abdi Godane war einer der meistgesuchten Terroristen der Welt. Derweil brodelt es in Afrikas bevölkerungsreichstem Land Nigeria weiter. Tausende Menschen verlassen in diesen Tagen Maiduguri, die Hauptstadt des Bundesstaates Borno im Nordosten Nigerias, auf der Flucht vor Boko Haram. Der Anführer der Terrorgruppe, Abubakar Shekau, hatte das Gebiet im August zum „muslimischen Territorium“ erklärt. Fachleute erkennen klare Parallelen zwischen den beiden afrikanischen Terrormilizen in Nigeria und Somalia. Enrico Casale, Afrikanist bei der Missionszeitschrift „Popoli“ der Jesuiten:

„Al Shabaab und Boko Haram haben dieselbe Ausrichtung, dieselbe Wurzel: eine radikale Lesart des Islam. In Somalia haben die Al Shabaab weite Gebiete erobert. Der Tod ihres Anführers Godane durch US-amerikanische Drohnen könnte sie aber in ihrem Feldzug zurückwerfen. Godane hat keine „Nachfolger“ ernannt. So wäre es möglich, dass die Bewegung sich in innere Konflikte verliert. Dann wären aber auch noch kompliziertere Situationen vorstellbar, als wir sie heute in Somalia sehen.“

Somalia hat seit zwei Jahrzehnten praktisch kaum noch staatliche Strukturen. In Nigeria ist die Lage diesbezüglich besser, auch wenn die Regierung nach Ansicht vieler Bürger dem Terror von Boko Haram viel zu wenig entgegensetzt. Casale beobachtet neue Vorgehensweisen bei der nigerianischen Terrormiliz. Waren es in den vergangenen Jahren eher Angriffe auf Schulen und Verwaltungsbüros, mit denen Boko Haram Angst und Tod verbreitete, so haben sich die Terroristen nun auf Entführungen und Eroberungen ganzer Landstriche verlegt.

„Das ist ein Strategiewechsel des ganzen islamischen Fundamentalismus. Al Kaida etwa setzte nicht so sehr auf die Kontrolle von Gebieten, sondern auf Terrorakte, vom 11. September 2001 angefangen, London, Madrid und andere. Diese Bewegungen gehen nun anders vor. Sie erobern Gebiete und rufen dort ihre integralistische Lesart des Islam aus, die beispielsweise Frauen von der Öffentlichkeit, ja sogar der Bildung ausschließt und körperliche Strafen für Vergehen gegen das islamische Gesetz vorsieht. Die Terroristen von Boko Haram streben ganz offensichtlich eine Nachahmung des „Islamischen Staates“ für Afrika an. Und sie haben beste Kontakte zu ähnlichen Gruppen, nicht nur Al Shabaab, sondern auch Aqmi, also Al Kaida im Maghreb.“

Nun stehen Boko-Haram-Kämpfer vor Maiduguri. Casale fürchtet, dass der Bundesstaat Borno mit seiner Hauptstadt Maiduguri sich gewissermaßen von Nigeria abspalten könnte – mit dramatischen Folgen für das Gleichgewicht der gesamten Region.

„Borno könnte ein autonomes Territorium werden, ähnlich jenem, das IS im Irak ausgerufen hat. Denken wir daran, dass Boko Haram auch Nord-Kamerun bedroht hat. Gefahr bestünde dann auch für den Tschad und andere Nachbarländer. Die Sorge ist wirklich die, dass sich Boko Haram ausbreitet und festigt, vielleicht auch mit Milizen verschmilzt, die im Sahel operieren.“

(rv 06.09.2014 gs)








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