2014-09-06 14:24:55

Libanon/Irak: Bitte wacht auf!"


Wie viele Gräueltaten der Kämpfer des „Islamischen Staates“ in Irak und Syrien müssen noch geschehen, wie viele Verfolgte müssen noch flüchten oder sterben, damit die internationale Gemeinschaft aufwacht? Diese unbequeme Frage stellt im Interview mit Radio Vatikan der libanesische Patriarchalvikar für die Maronitische Kirche, Erzbischof Paul Nabil El-Sayah. Die NATO-Gruppe der zehn Staaten, die nun eine gemeinsame Front gegen IS bilden will, genügt aus seiner Sicht bei weitem nicht, um der Gefahr Herr zu werden. Für El-Sayah fehlen nach wie vor klare und laute Verurteilungen des IS-Terrors durch internationale Organisationen. Der UN-Menschenrechtsrat hat eine Resolution verabschiedet, die El-Sayah würdigt. Doch einige in der UNO vertretene Staaten mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit tun sich schwer damit, die Vorgänge im Irak beim Namen zu nennen. Erzbischof El-Sayah:

„Jede internationale Organisation, die mit Menschenrechten in Verbindung steht, soll einen klaren Standpunkt vertreten und diese Menschenrechtsverletzungen verurteilen. Als positives Beispiel nenne ich die kürzlich erfolgte Entschließung der UNO in Genf, die eine entschlossene Strafverfolgung von Kriegsverbrechen des Terrornetzwerks "Islamischer Staat“ fordert. Denn das tun diese Terroristen: Menschenrechte verletzten. Zweitens muss die UN sichere Zonen für die Flüchtlinge aufbauen. Viele sind derzeit in Schulen untergebracht, dort müssen wie nun weg, weil die Schule wieder anfängt.“

Wenn nicht „jeder“ in den westlichen Gesellschaft aufwache, dann werden die Terroristen ohne Einschränkung weiter ziehen, mahnt der libanesische Erzbischof.

„So wie derzeit die Dinge in diesem Teil der Welt ablaufen, heißt das für extremistische Muslime, dass sie ihren Weg gehen können und moderate Stimmen nicht akzeptiert werden. Wir wollen, dass die internationale Gemeinschaft aufhört, diese Menschen auszurüsten, sie zu trainieren und ihr Öl zu kaufen! Wir wollen, dass es vor allem in Europa verboten wird, Kämpfer zu rekrutieren. Es ist doch unglaublich, dass diese Leute Briten, Deutsche, Franzosen und Amerikaner in ihren Reihen stehen haben.“

Aktuelle Erhebungen ergeben, dass mehr als 2000 IS- Kämpfer aus Europa stammen. Fanatisierte Europäer, die die Terrormiliz Islamischer Staat unterstützen bereiten ganz Europa Sorge, vor allem jene, die zurückkehren und weitere Kämpfer anwerben wollen. In Deutschland fordern Unionspolitiker ein schärferes Vorgehen und neue Strafen gegen Dschihad-Kämpfer, in England wollen britische Islamisten wieder zurück, da sie sich in Kämpfen von rivalisierenden Islamisten wiederfanden, anstatt für IS zu kämpfen.

Sollte die Vertreibung der Christen aus dem gesamten Nahen Osten gelingen, wäre das ein enormer Verlust für die Region, betont der libanesische Erzbischof. Ganz abgesehen vom Recht jedes Menschen auf seine Heimat: Mängel in der gesellschaftlichen Entwicklung der Nahost-Länder hin zur Demokratie seien ohne Christen noch viel schwieriger aufzuholen.

„Die christliche Präsenz ist lebendig, nicht nur für die Christen, sondern für die ganze Region: kulturell, gesellschaftlich….und wenn die internationale Gemeinde die Demokratie dort fördern will, dann ist die christliche Präsenz dort essentiell. Denn diese Art von Islam, die wir vor Ort sehen, ist nicht diejenige, die die Demokratie fördert.“
(rv 06.09.2014 no)








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