2014-09-04 11:49:55

Österreich: Religionen beten vor dem "Goldenen Dachl"


RealAudioMP3 2014 ist das Gedenkjahr der Weltkriege: Vor hundert Jahren, im Jahre 1914, brach der erste Weltkrieg aus, vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg. Papst Franziskus reist diesen Monat zur italienischen Weltkriegsgedenkstätte nach Norditalien in Redipuglia, um der vielen Toten zu gedenken. Dabei besucht er den österreichisch-ungarischen Soldatenfriedhof in Fogliano.

Auch in Österreich finden in diesen Tagen landesweit Gedenk- und Friedensgebete statt – und zwar anlässlich des 100. Jahrestages der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien am 28. Juli 1914, mit der der Erste Weltkrieg begann. Eine besondere Gebetsinitiative findet am kommenden Freitag in Innsbruck in Tirol statt: Vertreter unterschiedlicher Religionen und Kirchen gedenken gemeinsam der Opfer und beten für ein friedliches Zusammenleben. Bischof Manfred Scheuer, die italienische Basisgemeinschaft Sant’Egidio, die Fokolarbewegung und Pax Christi haben die Aktion initiiert. Der interreligiöse Gebetsmoment wird vor dem wichtigsten Innsbrucker Denkmal stattfinden, erzählt uns Ursula Teissl Mederer, die geistliche Assistentin von Pax Christi Österreich ist:

„Das ist ein markanter Punkt in der Altstadt von Innsbruck, der sehr viel schon gesehen hat. An dieser Stelle ist zum Beispiel auch Jakob Hutter auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Es ist ein Platz der die Intoleranz gegenüber andersgläubigen und andersdenkenden Menschen gesehen hat. Es ist bewusst dieser Platz im Herzen der Stadt gewählt worden, im Getriebe der Altstadt, die im Sommer überfüllt von Menschen aus aller Welt ist, Menschen jeder Glaubensrichtung oder Nichtglaubenden oder Suchenden. Es ist also in der Welt ein Gebet der Religionen für den Frieden."

Jakob Hutter, auf welchen die täuferische Kirche der Hutterer zurückgeht, deren heutige Anhänger in Gütergemeinschaft nach dem Vorbild der Jerusalemer Urgemeinde vor allem in den USA leben, wurde 1523 zum Feuertod verurteilt und auf diesen Platz vor dem goldenen Dachl am Scheiterhaufen verbrannt. Am Freitag treffen sich dort Religionsvertreter, um der vielen Toten des Weltkrieges zu gedenken, der genau von hundert Jahren die sogenannte europäische Urkatastrophe provozierte.

„Es geht einerseits um das Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren. Angesichts des aktuellen Aufflammens der Konflikte in so vielen Gebieten heute geht es auch darum zu bedenken, welche Rolle die Kirche damals gespielt hat, welche Rolle Religionen spielen könnten, und sollten und müssten. Dass sie nämlich zur Versöhnung aufrufen, zum Miteinander, zum Vergeben und zum Schuld-Eingestehen und zum Neubeginn. Und zur Gerechtigkeit, dass Frieden überhaupt möglich wird."

Nacheinander werden die Religionsvertreter und Gemeinden Gebete sprechen, auch in der jeweiligen Muttersprache, und aus jeder Gemeinschaft wird ein Kind, als Zeichen der Jugend, in welche die Menschen ihre Hoffnung setzen, eine Blume in die Mitte des Platzes bringen. Beim Abschlussgebet werden auch Asylsuchende zu Wort kommen, die in Innsbruck ein neues Zuhause suchen. Gebetet wird das Friedensgebet von Franz von Assisi.

Der Rückblick auf die europäische Urkatastrophe des Ersten Weltkrieges, die rund 17 Millionen Menschenleben kostete, soll eine Brücke zu den heutigen Problemen, Kriegen, Auseinandersetzungen, Menschenverfolgungen und Folterungen bauen und für Verständnis und Aufklärung sorgen. Religion solle die Basis für Frieden und Gerechtigkeit sein und nie eine kriegstreibende Kraft, so die Mitveranstalterin der Gebetsinitiative. An dem Gebet nehme auch die serbisch orthodoxe Gemeinde teil, sowie bosnische Muslime, die gemeinsam keinen einfachen „Religionsweg“ hatten, so die geistliche Assistentin von Pax Christi Österreich.

(rv 04.09.2014 no)








All the contents on this site are copyrighted ©.