2014-08-28 14:37:46

Kardinal Vegliò: „Wie kann ein denkendes Hirn so etwas sagen?“


RealAudioMP3 Der Vatikan drängt auf mehr Solidarität gegenüber Kriegsflüchtlingen in Europa. Er wünsche sich eine Aufnahme irakischer Flüchtlinge in den reicheren Nationen der Staatengemeinschaft wie etwa Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien, bekräftigte der Präsident des Päpstlichen Rates für die Migrantenseelsorge an diesem Donnerstag. Er äußerte sich nach einem Treffen mit Papst Franziskus im Interview mit Radio Vatikan. Antonio Maria Vegliò fand dabei deutliche Worte:

„Angesichts der Dramen, die diese Menschen erleben, kann ich nicht verstehen, wenn jemand sagt: Schicken wir sie in ihr Land zurück. Ein Hirn, das denkt – wie kann es so etwas sagen? Jemandem, der aus einem Land geflohen ist, in dem er umgebracht werden soll, zu sagen: Kehre in dein Land zurück! Da fehlt nicht nur die Menschlichkeit, sondern auch die Intelligenz.“

Ein klarer Seitenhieb auf Positionen, die sich in der laufenden Debatte strikt gegen eine größere Aufnahme von Flüchtlingen wenden – trotz der lebensbedrohlichen Lage in gleich mehreren Ländern wie dem Irak, Syrien und Libyen. Insgesamt unternähmen die internationale Gemeinschaft und Europa „sehr wenig“, findet der Kardinal:

„Meiner Meinung nach müsste Europa mehr Sensibilität haben. Leider haben wir so viele Probleme, egoistisch gesagt: Man denkt nur an sich und nicht an die anderen. Wenn wir aber an unsere Probleme in Italien denken – die Wirtschaft geht nicht gut, viele haben keine Arbeit – sind diese Probleme doch relativ klein im Vergleich zu denen des irakischen Volkes, das flieht, um nicht ausgelöscht zu werden.“

Kardinal Vegliò hofft dagegen, dass das Beispiel der Kirche, die sich für bedingungslose Solidarität und die Aufnahme Schutzbedürftiger stark macht, in Europa Schule macht.

Frontex plus soll helfen
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass die EU Italien mit der Operation „Frontex Plus“ bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeerraum unterstützen will. „Die Euro-Solidarität muss nun in konkrete Aktionen umgewandelt werden“, sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström nach einem Treffen mit dem italienischen Innenminister Angelino Alfano in Brüssel. Italien dürfe mit den Flüchtlingsdramen vor seiner Küste nicht alleingelassen werden. Das denkt auch Kardinal Vegliò:

„Es ist ein Drama – denn man kann nicht denken, dass ein Land wie Italien alles allein lösen kann. Und ich bin zufrieden, dass in Europa das Problem ein wenig erkannt wurde mit ,Mare Nostrum‘ und nun ,Frontex plus‘. Wir arbeiten, wo wir können, und hoffen, dass die Leute diesen Problemen sensibel gegenüber sind.“

Dank der von der italienischen Regierung ins Leben gerufenen Rettungsaktion „Mare Nostrum“ konnten im vergangenen Jahr tausende von Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer vor dem Ertrinken gerettet werden. Das Land hatte jedoch zuletzt angekündigt, die Mission solle aus Kostengründen eingestellt werden. Dennoch sind laut Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge in diesem Jahr bereits über 1.800 Menschen auf dem Mittelmeer verschwunden, 1.600 allein seit Juni. Der Ausgangpunkt für diese gefährlichen Überfahrten nach Europa sei zumeist Libyen, so das UNHCR. Die Flüchtlingswelle aus dem Irak sei in der Tat nur „die Spitze des Eisberges“, so der Präsident des Päpstlichen Migrantenrates.

(rv 28.08.2014 pr)








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