Der chaldäisch-katholische Erzbischof von Mossul, Emil Schamoun Nona, hat eindringlich
um Hilfe für die geflüchteten Christen und Jesiden im Nordirak gebeten. Die Situation
der Schutzsuchenden sei katastrophal, sagte Nona am Dienstag in Berlin. Tief enttäuscht
äußerte er sich über die Muslime. Bislang habe keiner ihrer Führer das äußerst brutale
Vorgehen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) öffentlich verurteilt. „Entweder
sie haben Angst oder sie akzeptieren das Vorgehen“, sagte Nona.
Enttäuschung
über muslimische Mitbürger
Der Erzbischof hält sich für einige Tage
auf Einladung des Caritasverbandes der Diözese Essen in Deutschland auf. In seiner
Erzdiözese in der Millionen-Metropole Mossul seien nur noch eine Handvoll Christen
übrig geblieben, sagte Nona, der selbst vor dem Terror des IS flüchten musste. Über
eine mögliche Rückkehr der Christen im Falle einer Befreiung der Region vom IS äußerte
er sich skeptisch. Mehr als hunderttausend Christen hätten in wenigen Stunden ihre
Wohnungen und Häuser verlassen müssen, nur mit dem, was sie am Leib trugen. Dabei
seien viele von ihren direkten muslimischen Nachbarn tiefer verletzt worden als von
der IS-Miliz, „weil sie die ersten waren, die uns ausgeraubt haben“.
Auch der
46-jährige Erzbischof zeigte sich persönlich tief enttäuscht darüber, dass selbst
enge „moderate“ muslimische Freunde wie Ärzte und Rechtsanwälte jeden Kontakt zu ihm
abgebrochen hätten. Viele Christen sähen nach dem Erlebten für sich keine Zukunft
mehr in ihrer Heimat. Wenn sich die Lage nicht ändere, stehe die 2.000-jährige Präsenz
der Christen in dieser Region vor ihrem Ende.
Mobiler „Bischofssitz“
im Auto
Nona steht der Erzdiözese seit 2009 vor. Sein Vorgänger wurde
2008 entführt und ermordet. Sein Bischofssitz sei nun das Auto, mit dem er die Flüchtlingscamps
besuche. Er könne von den Christen nicht verlangen, dass sie ohne Würde und Perspektive
dort blieben. Von den mehr als 100.000 Flüchtlingen seien viele im christlichen Stadtteil
von Erbil untergekommen. Derzeit fehle es dort an allem. Am wichtigsten sei die Versorgung
mit Nahrung, Wasser und Unterkünften. Die Menschen kampierten auf der Straße oder
in Schulgebäuden. In wenigen Tagen beginne aber die Schule, dann müssten sie die Gebäude
wieder verlassen. Die Menschen seien tief deprimiert und benötigten neben der materiellen
Hilfe auch psychische und spirituelle Betreuung.
Wer unterstützt die
IS-Milizen?
Nach Auskunft des Erzbischofs wird der IS vom Ausland finanziell
und wirtschaftlich unterstützt. Er verlangte eine internationale Isolierung. Nach
seinen Angaben hat der IS sein Hauptquartier am Sitz der Erzdiözese Mossul aufgeschlagen.
Die Terrororganisation nutze kirchliche Einrichtungen, um sich vor Bombenangriffen
zu schützen. Eine Kirche werde auch als Gefängnis missbraucht. Nach seiner Erfahrung
sind die IS-Kämpfer aus dem europäischen und arabischen Ausland am brutalsten. Sie
bildeten mobile Sondereinheiten.