Franziskus ist bereit zu einer Reise in den Nordirak
Papst Franziskus erwägt,
persönlich in den Nordirak zu reisen, um seine Solidarität mit den Flüchtlingen dort
zu zeigen. Das sagte der Papst bei der „fliegenden Pressekonferenz“ auf der Rückreise
von Südkorea an diesem Montag. Erst vor kurzem habe er den Regierungschef Kurdistans
gesprochen, informierte Franziskus die Journalisten. Er habe sich mit seinen Mitarbeitern
intensiv beraten, als man von der Lage der Flüchtlinge in den Kurdengebieten erfahren
habe, also von Christen und Jesiden, die mit brutalsten Methoden von der IS-Miliz
vertrieben wurden. Eine Mitteilung aus dem Vatikan sei an alle Nuntiaturen gegangen,
Franziskus schrieb auch dem UNO-Generalsekretär einen dringlichen Brief. Dann habe
er als persönlichen Gesandten Kardinal Filoni in den Nordirak geschickt.
„Am
Schluss sagten wir uns, wenn es nötig ist, wenn wir von Korea zurückkehren, können
wir dorthin gehen. Das ist eine Möglichkeit. In diesem Moment ist es nicht das Beste,
was man tun kann, aber ich bin dazu bereit.“
Als möglichen Termin nannte
Franziskus die Zeit zwischen der Reise nach Albanien im September und der nächsten
Asienreise im Januar nächsten Jahres. Der Papst äußerte sich auch erstmals zum Militäreinsatz
gegen die Terrorkämpfer des „Islamischen Staates“ im Nordirak. Einen „ungerechten
Aggressor“ aufzuhalten, sei legitim, sagte Franziskus auf die Frage eines Journalisten.
Der Papst wörtlich:
„In jenen Fällen, wo wir vor einer ungerechten Aggression
stehen, kann ich nur sagen, es ist legitim, den ungerechten Aggressor zu stoppen.
Ich unterstreiche das Wort stoppen. Ich sage nicht: bombardieren. Ich sage stoppen.
Womit er zu stoppen ist, muss man sorgfältig überlegen. Wir erinnern uns: Manchmal
wurden unter dieser Rechtfertigung, den ungerechten Aggressor zu stoppen, echte Kriege
geführt. Eine einzige Nation allein kann nicht beurteilen, wie man einen ungerechten
Aggressor stoppt.“
Deshalb seien nach dem Zweiten Weltkrieg die Vereinten
Nationen entstanden, erinnerte der Papst. Im Irak gebe es heute „so viele Märtyrer“,
nicht nur unter den Christen. – Die Vereinigten Staaten haben am 8. August im Nordirak
einen Militäreinsatz aus der Luft gestartet. Der Sondergesandte des Papstes, Kardinal
Fernando Filoni, ist unterdessen von den Kurdengebieten im Nordirak in die irakische
Hauptstadt Bagdad aufgebrochen. Der Präfekt der Missionskongregation hätte im Gefolge
des Papstes nach Südkorea reisen sollen, wurde aber aus Gründen der Dringlichkeit
in die Kurdengebiete entsandt. Dort haben mehrere hunderttausend Menschen Zuflucht
gefunden, die von den Dschihadisten mit bestialischer Gewalt vertrieben worden waren.
Auch Franziskus wird eines Tages seinen Amtsverzicht prüfen Papst
Franziskus wird eines Tages so wie sein Vorgänger im Gebet überlegen, ob er angesichts
sinkender Kräfte auf sein Amt verzichten soll. Auch das sagte das Kirchenoberhaupt
beim Rückflug auf Korea bei der traditionellen Pressekonferenz über den Wolken. „Vielleicht
gefällt das einigen Theologen nicht – ich bin kein Theologe -, aber ich denke, dass
der emeritierte Papst keine Ausnahme ist, sondern bloß der erste nach vielen Jahrhunderten“,
so Franziskus wörtlich. Im gegebenen Moment werde er „beten und dasselbe tun“ wie
Benedikt XVI. Sein Vorgänger habe mit seinem Amtsverzicht eine Tür geöffnet, „die
institutionell ist und nicht exzeptionell“, so Franziskus. Er schätze den Adel, die
Demut und den Mut, der in Benedikts Geste des Amtsverzichts liege. Vor 70 Jahren sei
auch der emeritierte Bischof eine Ausnahme gewesen, heute sei er „eine Institution“.
Deshalb sei aus seiner Sicht ein emeritierter Papst ebenso bereits „eine Institution“.
Überhaupt habe er für Papst Benedikt außerordentlich hohe Wertschätzung, frage ihn
regelmäßig um Rat und empfinde ihn wie einen „weisen alten Großvater im Haus“. So
habe er ihn vor seiner Abreise nach Korea aufgesucht. Auch Benedikt frage ihn, Franziskus,
um seine Meinung.
China und andere Reisevorhaben Er hätte
durchaus Lust zu einer Reise nach China, bekräftigte Franziskus: „Sicher, morgen schon!“
Die Kirche respektiere das chinesische Volk, „ein edles und weises Volk“. Zugleich
verlange die Kirche aber Freiheit für ihre Aufgabe, „keine andere Bedingung“; ohne
deutlicher zu werden, spielte Franziskus damit auf die illegalen Bischofsernennungen
in China und auf die Unterdrückung romtreuer Katholiken an. Der Heilige Stuhl sei
jedenfalls offen für Kontakte. Beim Hinflug nach Korea sei er eine Zeitlang im Cockpit
beim Piloten der Maschine gesessen, als dieser die Eintrittserlaubnis in den chinesischen
Luftraum anforderte, erzählte der Papst. Dann sei er auf seinen Platz zurückgekehrt
und habe für die Menschen in China gebetet. Es war das erste Mal, dass ein Flugzeug
mit einem Papst an Bord über China fliegen durfte.
Noch im Stadium des Überlegens
sind zwei weitere Papstreisen, eine in die USA, die andere nach Mexiko. Nächstes Jahr
möchte der Papst nach Philadelphia zum Familientreffen, er sei außerdem von Präsident
Obama ins amerikanische Parlament nach Washington eingeladen worden und vom Sekretär
der UNO nach New York: „Vielleicht diese drei Städte zusammen“, sagte Franziskus.
Ungewiss sei eine Reise nach Mexiko zur Madonna von Guadalupe. Für Spanien liege eine
Reihe von Einladungen vor, Franziskus erwähnte Santiago de Compostela, Avila und Alba
de Tormes. Eine weitere Einladung habe er aus Japan erhalten. „Es wäre wunderschön“,
sagte Franziskus, nach Nagasaki zu gehen, um mit den japanischen Katholiken den 150.
Jahrestag ihrer Wiederzulassung zu feiern.
Die nächste Papstreise steht im
September an: Franziskus besucht für einen Tag Albanien, aus zwei Gründen, wie er
erläuterte. Albanien habe eine Regierung gegründet, die alle Volksgruppen berücksichtige,
Muslime, Orthodoxe und Katholiken, mit einem interreligiösen Rat. Die Anwesenheit
des Papstes in Albanien solle mithin alle Völker daran erinnern, dass Zusammenarbeit
möglich ist, erklärte Franziskus. Zweitens sei Albanien von allen kommunistischen
Ländern das einzige gewesen, das den Atheismus in der Verfassung festgeschrieben habe.
1820 Kirchen seien zerstört worden. „Ich habe gespürt, dass ich da hingehen muss.“
Umweltenzyklika in Arbeit Die geplante Umweltenzyklika sei
in Arbeit, bestätigte der Papst, ohne einen Erscheinungstermin zu nennen. Kardinal
Peter Turkson, der Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden,
habe ihm kürzlich einen umfangreichen ersten Entwurf gebracht. Das Problem sei, dass
man über Ökologie „nur bis zu einem bestimmten Punkt mit einer gewissen Sicherheit
sprechen“ könne, führte der Papst aus. Danach begebe man sich in den Bereich wissenschaftlicher
Hypothesen. In einer Enzyklika mit lehramtlichem Charakter könne man aber nur mit
den sicheren Fakten vorgehen.
Das Friedensgebet „öffnete eine Tür“ Das
Friedensgebet mit den Präsidenten Israels und Palästinas im Vatikan war nach Ansicht
von Papst Franziskus trotz des jüngsten Gaza-Krieges nicht umsonst. Im Juni hatten
sich auf Einladung des Papstes Mahmud Abbas und Schimon Peres zum Friedensgebet in
den vatikanischen Gärten getroffen. Trotz der Kriegshandlungen danach sei die Initiative
„keine Niederlage“ gewesen. „Nein: Ich glaube, die Tür des Gebets wurde geöffnet.
Der Menschheit wurde gesagt, dass es neben dem Weg der Verhandlungen und des Dialogs,
die beide wichtig sind, auch den Weg des Gebets gibt.“ Die Kriegshandlungen folgten
einem Auf und Ab, anders aber jenes Friedenstreffen, das aus Sicht des Papstes eine
neue Tür aufgemacht hat. „Durch den Rauch der Bomben und der Kriege kann man die Tür
nicht sehen, aber sie ist seit jenem Moment offen geblieben. Und da ich an Gott glaube,
glaube ich, dass der Herr diese Tür ansieht und jene ansieht, die beten und um Hilfe
bitten.“
„Zwei, drei Jahre, und dann ins Haus des Vaters“ Befragt
nach dem Rummel um seine Person, antwortete Franziskus nach einer Verlegenheitssekunde:
„Ich gehe da durch und danke dem Herrn, dass sein Volk glücklich ist. Ich
sehe es als Großzügigkeit des Volkes an. Innerlich versuche ich an meine Sünden und
Fehler zu denken… und ich weiß, das wird nur kurz dauern, zwei drei Jahre, dann geht
es ins Haus des Vaters. Es ist nicht weise, dass ich das gesagt habe – aber ich sehe
die Anwesenheit des Herrn in seinem Volk, das den Bischof, den Hirten des Volkes,
zum Anlass nimmt, um viele Dinge auszudrücken. Ich erlebe das heute natürlicher als
zu Beginn meines Amtes. Zu Beginn bin ich etwas erschrocken: Wie, löse das wirklich
ich aus? Mir kommt auch in den Sinn: mach keine Fehler, denn du sollst diesem Volk
nicht Unrecht tun. Ungefähr so.“
Franziskus verriet den 70 mitreisenden
Journalisten auch einige persönliche Macken, so zum Beispiel jene, „ein wenig zu sehr
am normalen Lebensumfeld zu hängen“. Urlaub zum Beispiel habe er zum letzten Mal im
Jahr 1975 gemacht, mit anderen Jesuiten außerhalb von Buenos Aires. Seither bleibe
er in den Ferien zu Hause, wechsle aber den Rhythmus: „Ich schlafe mehr, lese mehr
Bücher, die mir gefallen, höre Musik, bete mehr.“ Seine Neurosen müsse man hätscheln,
scherzte der Papst, man müsse ihnen „jeden Tag Mate-Tee geben“. Im Vatikan führt Franziskus
eigenen Worten zufolge ein „ganz normales Leben“. Am Anfang habe er sich ein wenig
eingesperrt gefühlt, dann aber seien „einige Mauern gefallen“, erzählte der Papst.
Leider könne er aber nicht einfach für einen Spaziergang den Vatikan verlassen, weniger
wegen Sicherheitsgründen als weil es zu viel Aufsehen erregen würde.