Eine Million Menschen
nahmen an der Messe zur Seligsprechung von 124 Märtyrern in Seoul teil. Papst Franziskus
feierte den Gottesdienst im Zentrum der südkoreanischen Hauptstadt am Samstagmorgen
(Ortszeit), als es in Zentraleuropa noch 3 Uhr nachts war. In seiner Predigt forderte
Franziskus zu einem vorbehaltlosen Einsatz für eine „gerechtere, freiere und versöhntere
Gesellschaft“ auf. Das Vorbild der Märtyrer habe auch den heutigen Menschen „viel
zu sagen“, die in Gesellschaften lebten, „wo neben unermesslichem Reichtum schreckliche
Armut lautlos“ zunehme und „wo der Schrei der Armen selten Gehör findet“, so der Papst.
Es werfe die Frage auf, „wofür wir selbst – wenn überhaupt – zu sterben bereit wären“.
Der Papst wörtlich:
„Der Sieg der Märtyrer, ihr Zeugnis für die Macht der
Liebe Gottes, bringt heute weiter Frucht in Korea, in der Kirche, die aus ihrem Opfer
Wachstum empfing. Unsere Feier des seligen Paul und seiner Gefährten gibt uns die
Gelegenheit, zu den ersten Augenblicken, sozusagen zur Anfangsphase der Kirche in
Korea zurückzukehren. Sie lädt euch Katholiken von Korea ein, euch an die großen Dinge
zu erinnern, die Gott in diesem Land gewirkt hat, und das Erbe an Glauben und Liebe,
das euch von euren Vorfahren anvertraut wurde, in Ehren zu halten.“
Die
heutige Welt lege Christen oft nahe, Kompromisse zu schließen und „die radikalen Forderungen
des Evangeliums abzuschwächen und sie dem Zeitgeist anzupassen“, fuhr Franziskus fort.
Die Märtyrer hingegen hätten Besitz, Land, Ansehen und Ehre geopfert, weil „Christus
allein ihr wahrer Schatz war“. Sie lehrten Christus „an die erste Stelle zu setzen“
und starre Gesellschaftsstrukturen zu hinterfragen.
„Das heutige Evangelium
enthält eine wichtige Botschaft für uns alle. Jesus bittet den Vater, uns in der Wahrheit
zu heiligen und uns vor der Welt zu beschützen.“
Die Seligsprechungsfeier
auf dem Gwanghwamun-Platz in Seoul war die bisher größte Veranstaltung während der
fünftägigen Südkorea-Reise des Papstes, die noch bis Montag dauert. Mit der Zeremonie
billigt Franziskus offiziell die regionale kirchliche Verehrung des Märtyrers Paul
Yun Ji-Chung (1759-1791) und seiner 123 Gefährten, die im 18. und 19. Jahrhundert
wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Sie gehörten zur ersten Generation von Katholiken
in Korea, die ihres Glaubens wegen starben.
Rolle der Laien gewürdigt Franziskus
würdige zugleich die Rolle der Laien in der katholischen Kirche. Sie seien „die ersten
Apostel“ der Kirche in Korea gewesen. Die Geschichte von Paul Yun Ji-Chung und seinen
123 Gefährten „sagt uns viel über die Bedeutung, die Würde und die Schönheit der Berufung
der Laien“, so der Papst.
„Das Beispiel der Märtyrer lehrt uns auch
die Bedeutung der Liebe im Glaubensleben. Die Lauterkeit ihres Zeugnisses für Christus,
die in der Annahme der gleichen Würde aller Getauften ihren Ausdruck findet, führte
sie zu einer Form brüderlichen Lebens, welche die starren Gesellschaftsstrukturen
ihrer Zeit hinterfragte. Ihre Weigerung, das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe
aufzuspalten, trieb sie zu so großer Sorge für die Bedürfnisse der Brüder. Ihr Beispiel
hat uns viel zu sagen, die wir in Gesellschaften leben, wo neben unermesslichem Reichtum
schreckliche Armut lautlos zunimmt; wo der Schrei der Armen selten Gehör findet und
wo Christus uns immer noch ruft und uns bittet, ihn zu lieben und ihm zu dienen, indem
wir uns um unsere notleidenden Brüder und Schwestern kümmern.“
Das
Christentum war nicht durch ausländische Missionare nach Südkorea gebracht worden,
sondern durch koreanische Laien, die sich in China hatten taufen lassen. Auch die
Märtyrer während der Verfolgungen im 18. und 19. Jahrhundert waren fast ausschließlich
Nichtgeistliche. Vor der Messe der Märtyrer besuchte Franziskus die Heilge Märtyrerstättete
Seo-So mun. Hier erlitten 44 von den am 6. Mai 1984 von Papst Johannes Paul II heiliggesprochenen
103 Märtyrern und 27 von den in diesem Jahr selig gesprochenen 124 Märtyrern, ihren
Tod. Heute ist die Stätte ein Park, wo der Gedenkturm die tragische Geschichte der
Märtyrer darstellt. Regelmäßig erweisen zahlreiche Pilger den Verstorbenen dort ihren
Respekt. Mit einem ruhigen Gebet und einem Blumenkranz gedachte Papst Franziskus bereits
vor der Seligesprechung, den Märtyrern. Die Straße, die von Gwanghwamun nach Seo So-
Mun führt, ist bekannt als die „Straße des Todes“, „die Straße der Martyrer“ - sie
verbindet den Besuch von Johannes Paul II. 1984 und die aktuelle Papstreise von Papst
Franziskus.