Nigeria: Boko Haram schickt Mädchen als Attentäterinnen vor
Im Nordosten Nigerias
ist es in den letzten Wochen abermals zu blutigen Anschlägen gekommen. Besonders besorgniserregend
dabei ist, dass die Terrororganisation Boko Haram inzwischen Mädchen als Selbstmordattentäter
vorschickt. Der schwerste dieser Anschläge ereignete sich am 27. Juli, als ein Mädchen
vor einer Kirche der Gemeinde San Carlo eine Bombe zündete und vier Menschen mit in
den Tod riss. Die junge Frau trug die Bombe unter ihren langen Gewändern. Der Erzbischof
von Abuja, Kardinal John Onaiyekan, äußerte sich zu diesem Vorfall gegenüber Radio
Vatikan:
„Angriffe von Boko Haram mit Autobomben haben wir schon immer
gekannt. Aber derartige Attacken, bei denen minderjährige Mädchen die Bomben unter
ihren langen Kleidern tragen, gibt es zum ersten Mal“.
Dies sei deshalb
ein enormes Problem, weil die meisten Menschen in Nigeria lange Kleidung tragen. Der
Erzbischof betonte in dem Interview, dass dies neue Formen der Kontrolle an Passanten
erforderlich mache, auch wenn damit Unannehmlichkeiten verbunden seien.
„Wir
hätten uns nie vorstellen können, dass ein Mädchen vor einer Kirche Sprengstoff mit
sich tragen könnte. Jetzt wissen wir es und werden neue Maßnahmen ergreifen müssen,
mit allen Personen, die vorbeikommen“.
Jedoch, so der Erzbischof weiter,
würden die Terrorangriffe keineswegs nur Kirchen betreffen, sondern auch Märkte oder
öffentliche Einrichtungen. Ihm zufolge würde allerdings die Regierung zu wenig unternehmen,
um Widerstand zu leisten und die Bevölkerung zu schützen.
„Die Regierung
betont immer wieder, sie werde den Kampf gegen Boko Haram gewinnen, aber schaut man
auf die Resultate, scheint dies nicht zu gelingen: Boko Haram-Terroristen haben ja
offenbar nach wie vor die Möglichkeit, zuzuschlagen. Alle wissen, dass man Notiz davon
nimmt, wenn eine Kirche von derartigen Anschlägen betroffen ist. Keine Aufmerksamkeit
mehr erweckt aber, wenn sie in den Dörfern im Nordosten zuschlagen.“
Stattdessen
würden sich Politiker und Journalisten in Nigeria mit anderen Angelegenheiten befassen,
wie den anstehenden Wahlen im nächsten Jahr.
„Wir müssen sicher sein können,
dass die Regierung sich die Tragweiter dieser Situation bewusst macht, allerdings
scheint es, sie habe andere Sorgen auf ihrer politischen Agenda. Auch in den Zeitungen
stehen immer nur ein paar Zeilen über Boko Haram, während die Titelseiten immer anderen
politischen Themen gelten.“
Im Nordosten Nigerias seien inzwischen so
gut wie alle Gebiete von den Boko Haram Terroristen kontrolliert, bestätigt Kardinal
Onaiyekan. Viele Menschen würden in Richtung Kamerun fliehen, da sie sich dort mehr
Schutz erhoffen. In Nigerias abgelegenen Dörfern im Norden sei die Polizei nicht in
der Lage oder willens, Anschläge zu verhindern.