Es ist das Heimatland
des Papstes, des Tangos und des Steaks: Argentinien ist technisch gesehen pleite,
faktisch hat das Land mit der zweitgrößten Volkswirtschaft Südamerikas, aber Geld
in der Kasse. Diese Woche kam das vernichtende Urteil des amerikanischen Gerichtshofs:
Das Land ist bankrott.
In der Nacht auf Donnerstag war es so weit
- um Punkt Mitternacht in New York: Im jahrelangen Gerichtsverfahren zwischen Argentinien
und zwei amerikanischen Hedgefonds konnten sich die Streitparteien nicht einigen und
der zuständige Richter zog einen Schlussstrich. Thomas Griesa, so der Name des amerikanischen
Richters, blockierte die bis dahin fällige Ratenzahlung des Landes an andere Gläubiger.
Argentinien bekam also zum zweiten Mal in 13 Jahren den Stempel der Staatspleite verpasst,
weil es die Rückzahlung von 539 Millionen Dollar (403 Millionen Euro) an Staatsschulden
bei internationalen Gläubigern versäumte. Zwei Rating-Agenturen - Fitch und Standard-Poor's
- haben daraufhin die argentinische Kreditwürdigkeit auf das Niveau eines „teilweisen
Zahlungsausfalls“ gesenkt. Diese Bewertung bedeutet, dass ein Schuldner eine Anleihe
oder Kreditrate nicht fristgerecht zurückzahlt, aber andere Verpflichtungen weiter
erfüllt.
Für die Kirche in Argentinien ist das ein Grund zur Sorge,
aber auch zu Vorsicht. So nennt es Bischof Jorge Eduardo Lozano, Präsident der Kommission
für Sozialpastoral in der Argentinischen Bischofskonferenz, gegenüber „Vatican Insider“.
Angesichts des offenen Ausgangs müsse man die weiteren Entwicklungen abwarten. Sie
hoffen natürlich, dass es nun keine Verschlechterungen für die Beschäftigten im Land
und die Situation der Menschen geben wird, die ohnehin bereits von Armut betroffen
sind.
Eine „nur auf Spekulationen gegründete Wirtschaft“ wurde von der argentinischen
Bischofskonferenz schon öfters kritisiert. Damit sei man auch auf der Linie von Papst
Franziskus, der in „Evangelii gaudium“ einen unkontrollierten Kapitalismus, der zu
Exklusion und Ungleichheit führt, mehrmals verurteilt hatte.
Jorge
Milia, der argentinische Journalist und Autor der Mitte der 1960er Jahre Schüler
des Papstes im Colegio de la Inmaculada Concepcion in Santa Fe in Argentinien war,
kommentierte für Radio Vatikan die aktuelle Situation vor Ort:
„Die
Situation ist nicht einfach. Ich denke die Menschen haben keine wirkliche Vorstellung
von dem was hier passiert. Es hat auch die Präsidentin im Fernsehen gesprochen und
sie hat diese argentinische Vorstellung. Wir, die Argentinier sind sozusagen die Guten
und alle anderen wollen uns etwas Böses. Aber das ist natürlich nicht so. Die Präsidentin
und der Wirtschaftsminister Axel Kiciloff müssen beide lernen und verstehen, dass
sie nicht gegen diese Entscheidung ankämpfen können.“
In einer
TV-Rede an das Volk hat die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner den Fonds
die Schuld gegeben. „Wir leben in einer zutiefst ungerechten und zutiefst gewaltsamen
Welt“, sagte Kirchner in dieser Rede. Die Forderungen der Fonds seien eine „Gewalt“
sagte Kirchner und sie verglich die Forderungen der Hedgefonds mit „Raketen in einem
Krieg“, da „finanzielle Raketen ebenfalls töten“. Sie forderte ihre Landsleute auf,
„ruhig zu bleiben“. Argentinien werde alle Rechtsmittel ausschöpfen, meinte sie. Laut
Milia werden dennoch Konsequenzen für das Volk spürbar werden:
„Die
Konsequenzen werden nicht sofort eintreten: 500.000 mehr werden vielleicht ohne Arbeit
sein, eine hohe Inflation wird folgen und das wird ein Problem für die Industrie und
natürlich wird es die kleinen Industriellen treffen.“
Die derzeitige
Situation sei „glücklicherweise völlig anders“ als die Staatspleite, die Argentinien
2001 ins Chaos gestürzt hatte, betonte hingegen der Bischof Jorge Eduardo Lozano.
Damals sei das Land institutionell viel schwächer gewesen, der Staat „gelähmt“ und
jegliches Vertrauen in ihn zerstört. Die Kirchen hätten sich damals aktiv am Wiederaufbau
beteiligt: Sie habe gesamte Familien mit Nahrung versorgt, Caritas-Tauschbörsen für
Gegenstände des täglichen Bedarfs und Arbeitsvermittlung initiiert und einen Dialog
für die Einführung von Reformen ins Leben gerufen. Als Erbe dieser Zeit werde bis
heute jährlich eine „Soziale Woche“ abgehalten.