EU/Italien/Österreich: Caritas-Präsident will Ende der Abschottungspolitik
Angesichts des jüngsten
Flüchtlingskatastrophe vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa, bei der 181
Menschen ums Leben kamen, hat Österreichs Caritaspräsident Michael Landau am Dienstag
ein Ende der „Abschottungspolitik der EU" gefordert. Menschen würden vor Dürre und
Hunger, vor Verfolgung und Folter, vor Kriegen und Tod fliehen. Die aktuellen Ereignisse
machten die unfassbare Verzweiflung der Menschen deutlich, so Landau: „In einer globalisierten
Welt, die mit all ihren Vor- und Nachteilen gerne auch als globales Dorf bezeichnet
wird, lässt sich Verantwortung nicht abschieben. Wir müssen helfen und nicht wegschauen."
Seit dem Jahr 2000 seien bereits 23.000 Menschen bei dem Versuch gestorben, in ein
neues Leben aufzubrechen, so der Caritaspräsident.
Wenn in Europa Banken ins
Wanken geraten, würden über Nacht Rettungspakete geschnürt. Wenn aber im Mittelmeer
Menschen zu Tausenden ertrinken, „werden Zäune erhöht und der Grenzschutz verstärkt",
kritisierte Landau: „Keine Rettungspakete, ja nicht einmal genügend Rettungsringe
werden ausgeworfen. Das ist ein Verbrechen."
Die Abschottungspolitik der EU
verwehre den Menschen den Zugang zum Schutz in der EU und zwinge sie, lebensgefährliche
Fluchtwege wie jenen über das Mittelmeer zu nehmen. Landau: „Wir brauchen in dem Bereich
mehr und nicht weniger Europa. Wer Schleppern wirklich das Handwerk legen möchte,
muss legale Antragsmöglichkeiten in den Herkunftsländern schaffen und legale Einreisemöglichkeiten
für Flüchtlinge und Migranten nach Österreich und Europa sicherstellen."
Als
vorrangig bezeichnete Landau dauerhafte Maßnahmen zur Rettung von Menschen, die in
Seenot geraten seien. „Flüchtlingsbooten kann und muss geholfen werden, sowohl durch
die zuständigen EU-Agenturen als auch durch europäische Mitgliedsstaaten." Die Zurückweisung
von Flüchtlingen an Grenzen und auf See nehme den Tod dieser Menschen in Kauf und
müsse umfassend verhindert werden, forderte der Caritaspräsident.
EU-Aufnahme
von Flüchtlingen reformieren
Das geltende EU-Aufnahmesystem für Flüchtlinge
müsse zudem dringend reformiert werden, forderte Landau. Die Grenzregionen Europas
müssten mehr Geld für die adäquate Aufnahme von Flüchtlingen erhalten. Vor allem für
kleine und wirtschaftlich schwächere Länder müsse über geänderte Verteilungsregelungen
nachgedacht werden.
Europaweit müssten auch jährliche Programme zur Neuansiedlung
zur Verfügung stehen. Dabei geht es um eine gesteuerte Aufnahme von besonders schutzbedürftigen
Flüchtlingen in Zusammenarbeit mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk als wichtige Ergänzung
zum nationalen Asylsystem.
Laut Amnesty International hat die EU zwischen
2007 und 2013 fast zwei Milliarden Euro für den Bau von Zäunen, hoch entwickelten
Überwachungssystemen und Grenzkontrollen ausgegeben. Dagegen sind nur 700 Millionen
Euro aus dem EU-Budget in den Ausbau der Asylverfahren und die Verbesserung der Situation
von Asylsuchenden geflossen.