Fußball-Freud und
Fußball-Leid im Vatikan: Erzbischof Georg Gänswein hat nach dem Sieg Deutschlands
über Argentinien am Sonntagabend auf sein „Herzensteam“ angestoßen. Das verriet der
Präfekt des Päpstlichen Hauses und Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt
XVI. im Gespräch mit Radio Vatikan. Gudrun Sailer traf Erzbischof Gänswein am Montagmittag
in der Präfektur.
„Nach dem Sieg der Deutschen über Brasilien habe ich
ein interessantes, spannendes und mitreißendes Spiel erwartet. Das war nicht so ganz
der Fall, aber am Ende glaube ich, dass die Mannschaft, die besser gespielt hat, auch
den Sieg davon getragen hat. Ich habe mitgefiebert und am Ende war ich heilfroh und
habe auf den Sieg der deutschen Mannschaft angestoßen!“
Selbstverständlich
habe er für das „Herzensteam“ gezittert, so Gänswein. In der deutschen Nationalelf
seien auch ein paar Spieler aus Bayern, „das wärmt das Herz noch etwas mehr“. Er habe
sich das Finalspiel zu Hause im Kloster Mater Ecclesiae zusammen mit den „Memores“
angesehen, den Haushälterinnen des emeritierten Papstes, die ebenfalls für das deutsche
Nationalteam Partei ergriffen hätten. Papst Benedikt selbst hingegen sei vorher zu
Bett gegangen.
„Ich habe ihn eingeladen es anzuschauen, er hat aber genauso
wie Papst Franziskus es vorgezogen, es nicht anzuschauen und sich am nächsten Tag
lieber vom Ergebnis informieren zu lassen, sodass ich nicht weiß, wie er das verfolgt
hätte. Er hat es nicht gesehen.“
Am Montagmorgen hat der bekennende Fußballfan
Gänswein sich kurz mit dem argentinischen Sekretär von Papst Franziskus ausgetauscht.
Don Fabio hatte Gänswein, wie dieser erzählt, vor dem Finalspiel dazu eingeladen,
sich die Partei gemeinsam in einem Saal mit vielen Argentiniern anzuschauen, worauf
er, Gänswein, aber lieber verzichtet habe.
„Ich hatte ihn also angerufen
und ihm kondoliert und gesagt es täte mir Leid, dass Argentinien verloren hat, aber
am Ende ist es so: morgen gewinnen die Argentinier, und dann sind die Deutschen die
Traurigen.“
Eins zu Null sei auch ein Resultat, „das nicht demütigt“, und
das sei wichtig für beide Teams.
Dass Deutschland und Argentinien im Finale
gegeneinander antreten würden, stand am Mittwochabend fest. Seither richtete sich
ein interessierter Seitenblick der Fußball-Berichterstattung ausgerechnet auf den
Vatikan, der sonst nicht gerade für Sportereignisse bekannt ist. Doch leben hier nebeneinander
nun einmal ein amtierender argentinischer und ein emeritierter deutscher Papst. „Werden
sie die Partie miteinander anschauen?“, war eine Frage, die die Öffentlichkeit rund
um die Welt bewegte. Warum auch nicht, meint Erzbischof Gänswein.
„Es hat
mich gefreut, dass der Vatikan – und zwar beide Päpste – Grund für Sympathiewerbung
war. Man konnte am Anfang der Weltmeisterschaft ja nicht sagen, wer am Ende im Finale
stehen wird. Jedenfalls war es so, dass diese beiden Mannschafen, personalisiert in
den beiden Päpsten Franziskus und Benedikt, nochmals einen großen Sympathieschub ausgestreut
haben, und es hat mich sehr gefreut, natürlich ist in diesem Sympathieschub auch Ironie
dabei, es war teilweise auch versteckt die eine oder andere Peitsche dabei, aber alles
in allem hat der Vatikan hier, meine ich, über das sportliche Element viele Sympathiepunkte
gewonnen.“
Auch wenn Papst Franziskus auf das direkte Mitfiebern beim
Finalspiel vorsätzlich verzichtet hat: So manche Stellungnahme der vergangenen vier
Wochen lässt seine Begeisterung für das runde Leder zweifelsfrei erkennen – und nicht
nur seine Begeisterung, sondern auch die weiteren Horizonte des Sports, die Begegnung,
das Potential des friedlichen Austauschs, das aus Sicht des Papstes im Fußball liegt.
So galt die allgemeine Gebetsmeinung des Papstes für Juli der WM; er schrieb eine
Botschaft zum Auftakt des sportlichen Großevents, und er twitterte, Fußball könne
Frieden stiften. Ganz auf dieser Linie steht Erzbischof Gänswein:
„Überall
dort, wo Menschen zusammenkommen, auf sportlicher Ebene, und überall dort wo dieses
Interesse einen großen Einfluss weltweit hat, ist es wichtig, dass die Kirche, dass
der Vatikan, dass der Glaube präsent sind. Denn Menschen, die Fußball spielen, sind
– man hat es ja oft auch gesehen, Spieler, die sich bekreuzigen undsoweiter – sind
Menschen, die auch glauben. Wenn ich die sportliche Welt einfach wegschneide von der
normalen gläubigen Welt, schneide ich etwas Wesentliches weg aus eigener Schuld. Das
darf nicht passieren, und das ist auch nicht passiert, insofern bin ich sehr froh,
dass auch über den Monat Juli, über die verschiedenen Formen der Teilnahme, ein positives
Bild der Kirche und des Vatikans in die Welt hinausgesandt wurde.“