2014-07-03 11:18:10

Italien: Die Flüchtlinge und ihre Schlepper


RealAudioMP3 Das immer neue Drama von Lampedusa hat nicht nur eine humanitäre Seite, sondern auch eine kriminelle. Die italienische Polizei hat in den letzten Tagen fünf Chefs einer Bande festgenommen, die den Transport von Verzweifelten über das Mittelmeer Richtung Europa organisiert. Den Eritreern, Äthiopiern und Sudanesen wird vorgeworfen, konkret für den Schiffbruch eines Seelenverkäufers vor Lampedusa verantwortlich zu sein; dabei sind im vergangenen Oktober 386 „Boat-people“ ums Leben gekommen. Mario Affronti ist ein Arzt aus Palermo; er leitet die regionale Abteilung der katholischen Stiftung „Migrantes“, die sich um Einwanderer kümmert. Im Gespräch mit Radio Vatikan macht er darauf aufmerksam, dass ein einziges Boot mit dreihundert Menschen an Bord dieser Bande fast eine Million Euro eingebracht hat. Schließlich musste ja jeder Einwanderer etwa 3.000 Euro für die Überfahrt zahlen – ohne eine Garantie, sie auch zu überleben.

„Man hat bisher fast gar nichts getan, um diese Art der Kriminalität zu bekämpfen! Dabei werden die Bedingungen der Menschen auf der Überfahrt immer prekärer, weil ihnen kein Bootsführer mehr mitgegeben wird. Stattdessen vertrauen diese Organisatoren ein paar Flüchtlingen, die kaum ein Steuerrad halten können, alles an. Damit verhindern sie, dass einer ihrer Leute bei der Landung festgenommen wird. Also, es wird immer gefährlicher. Wir schlagen darum vor, von Ägypten oder Libyen aus eine Art humanitären Korridor einzurichten, über den potentielle Asylbewerber auf geschützte Weise und legal nach Europa einreisen können. Das scheint uns das einzige Werkzeug, um den Banden effizient Paroli zu bieten. Außerdem müsste man der Polizei das Recht entziehen, Flüchtlinge gleich wieder in Länder wie Ägypten, Nigeria oder Tunesien zurückzuschicken, noch bevor sie einen Antrag auf internationalen Schutz stellen konnten. Man könnte durchaus etwas tun, aber leider wurde bisher fast nichts getan...“

Von einigen Seiten wird im Moment die Ernennung eines EU-Kommissars für Einwanderung vorgeschlagen. Dr. Affronti weiß noch nicht, was er davon halten soll.

„Na ja, auf jeden Fall müsste das Schutzsystem in Italien verbessert werden. Wir brauchen mehr Organisation und mehr Einbeziehung auch von NGOs, die sich in den letzten Jahren bemüht haben, die Probleme zu lösen. Die Strukturen für die Aufnahme der Flüchtlinge sind sicher nicht perfekt, aber Hauptsache, sie werden erst einmal aufgenommen. Das mit dem Kommissar ist eine rein politische Frage. Solange Europa sich selbst als Festung sieht, die vor diesen Leuten beschützt werden muss, könnte auch ein Kommissar wenig tun. Bis jetzt gab es noch keinen politischen Willen in Europa, diese Lage ein für alle Mal zu lösen; die Tatsache, dass man Italien damit alleinlässt, sagt ja alles.“

(rv 03.07.2014 sk)










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