Rumänischer Theologe: „Orthodoxe Welt spielt derzeit verrückt“
Die orthodoxe Welt
leidet an der Lage in der Ukraine. Deshalb sei der Weg zu dem von vielen Gläubigen
wie Theologen herbeigesehnten panorthodoxen Konzil noch weit und steinig: Das hat
der rumänisch-orthodoxe Theologe Radu Preda im Gespräch mit „Kathpress“ betont. Ein
Konzil sei mittelfristig „unwahrscheinlich“, da die Protagonisten – allen voran der
Moskauer Patriarch Kyrill I. sowie der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. – „zu
unterschiedlich“ seien. Ein anderer Grund sei, dass die orthodoxe Welt derzeit „verrückt
spielt“, so Preda im Blick auf die Situation in der Ukraine. Dort gebe es enormes
Konfliktpotenzial, da das Moskauer Patriarchat „eine Art Protektorat“ für die Ukraine
in Anspruch nehme.
Seit April ist Preda Leiter des staatlichen rumänischen
„Instituts zur Erforschung der kommunistischen Verbrechen und der Erinnerung des Rumänischen
Exils“ in Bukarest. Zuvor lehrte Preda Sozialethik an der Fakultät für Orthodoxe Theologe
der Universität von Cluj-Napoca.
Probleme zwischen Moskau und Bukarest Zahlreiche
innerorthodoxe Probleme gebe es aber auch zwischen Moskau und der rumänischen Orthodoxie,
zwischen Moskau und der orthodoxen Kirche in Moldau, in Estland und Serbien. „Egal
wo man hinblickt: Die orthodoxen Kirchen haben immer noch eine breite Agenda von Themen,
die vor einem Konzil gelöst werden müssen, sonst droht einem solchen Konzil der Kollaps,
da alle wichtigen Entschlüsse einstimmig gefasst werden müssen“, so der Theologe.
Sein Resümee: „Wir haben zu wenig für die Vorbereitungen getan.“ Das betreffe nicht
nur die kirchliche Hierarchie, sondern auch eine fehlende Einbeziehung der kirchlichen
Basis: „Die Gläubigen müssen einen solchen Synod mittragen, da dessen Geltung und
Relevanz nicht von Papieren abhängt, sondern von der Rezeption unter den Gläubigen.“
Probleme
mit Nicht-Orthodoxen Die Frage der Rezeption stelle laut Preda darüber
hinaus auch das zentrale Problem in der Ökumene mit den nicht-orthodoxen Kirchen dar.
„Wir wiederholen in der Orthodoxie den Fehler, den bereits andere Konfessionen begangen
haben: Wir kümmern uns zu wenig um die Rezeption.“ Ökumene sei schließlich „keine
religiöse Lyrik“, sondern „ein Weg, sich seiner eigenen Identität bewusster zu werden
und sich davon ausgehend dem anderen zu öffnen“. Das gehe nur durch Kenntnis der Dokumente
und durch Aneignung dieser Dokumente bis zur kirchlichen Basis. „Ich glaube, die Ökumene
leidet unter der gleichen Krankheit wie die Demokratie: Sie wird zu wenig gelebt,
obwohl sie allen als bester Weg gilt. Aber auf diesem Weg sind immer weniger unterwegs.“