Papst an Priester: „Seid Hirten, nicht Angestellte!“
„Seid froh darüber,
Priester zu sein!“ Das hat der Papst am Samstagmittag zu Priestern in Cassano allo
Jonio gesagt. Er traf sie in der barocken Kathedrale des Städtchens. Es sei, so Franziskus,
„eine immer neue Überraschung, von Jesus in die Nachfolge gerufen zu sein.“
„Es
gibt für einen Mann überhaupt nichts Schöneres, nicht wahr? Wenn wir Priester einen
Moment vor dem Tabernakel knien, in Stille, dann fühlen wir von neuem den Blick Jesu
auf uns, und dieser Blick erneuert uns, belebt uns. Natürlich ist es manchmal nicht
leicht, so vor dem Herrn zu verweilen; es ist nicht leicht, weil so viele Dinge und
so viele Menschen uns beschäftigen. Manchmal werden wir auch unruhig durch diesen
Blick Jesu, er macht uns unbehaglich... Aber das tut uns gut! In der Stille des Gebets
lässt uns Jesus spüren, ob wir gute Hirten sind oder ob wir uns eher wie Angestellte
verhalten...“
Der Papst riet den Priestern, sich um Brüderlichkeit zu bemühen,
um nicht zu einsamen Menschen zu werden. Priester sei man „nicht allein, sondern zusammen“,
so Franziskus.
„Auch das ist nicht einfach, das kommt nicht von selbst.
Auch wir Priester sind Teil der Kultur von heute, die das Ich auf ein Podest hebt.
Und auch in unseren Bistümern ist ein gewisser pastoraler Individualismus verbreitet.
Aber wir sollten darauf reagieren, indem wir die Brüderlichkeit wählen! Ich spreche
absichtlich von ‚wählen’, das kann man nämlich nicht dem Zufall oder günstigen Umständen
überlassen. Nein, das ist eine Wahl!“
Der Papst legte den Priestern
bei ihrer seelsorglichen Arbeit vor allem die Familien ans Herz. Das sei heute besonders
nötig, denn die Zeiten seien schwierig für Familien – „für die Institution Familie
und, wegen der Krise, für die einzelnen Familien“. Einen Audio-Mitschnitt dessen,
was der Papst den Priestern sagte, gibt es offiziell nicht; Franziskus hat angeordnet,
die Rede für „gehalten“ zu erklären. Schon möglich, dass er den Priestern in Wirklichkeit
hinter verschlossenen Türen anderes gesagt hat, etwa darüber, wie sie mit Mafiosi
umgehen sollen.
Papst Franziskus war kurz vor 11 Uhr, vom Städtchen Castrovillari
kommend, in Cassano allo Jonio eingetroffen. Zunächst hatte er dort Patienten im Krankenhaus
„San Giuseppe Moscati“ besucht; eine offizielle Rede wurde dabei nicht gehalten, auch
Live-Fernsehbilder gab es davon nicht, der Papst wollte den Kranken ohne großes Tamtam
begegnen. Zur Kathedrale war er dann im Papamobil gefahren, von vielen Menschen am
Straßenrand begrüßt, unter dem Geläut der Domglocken.
Weitere Punkte im
Papstprogramm an diesem Samstag: ein Mittagessen mit Armen, die von der Caritas betreut
werden, und mit früheren Drogenabhängigen. Eine Stippvisite in einem Altersheim. Und
schließlich eine große Messfeier auf dem Freigelände von Marina di Sibari.