Fronleichnam: Das Fest des Leibes und Blutes Christi
Fronleichnam ist das Hochfest des Leibes und Blutes Christi. Es wird am zweiten Donnerstag
nach Pfingsten - also zehn Tage nach diesem Fest – gefeiert. Der Name Fronleichnam
verweist auf die Elemente der Eucharistie. Er stammt von fron, Herr, und lichnam,
Leib, deckt sich also inhaltlich mit den ebenfalls verwendeten lateinischen Namen
Corpus Christi und Corpus Domini für das Fest.
Fronleichnam gehört nicht zu
den ältesten Festen der Kirche. Es entstand erst im 13. Jahrhundert, im Wesentlichen
auf Anregung einer Frau, Juliana von Lüttich. Die Ordensschwester und spätere Einsiedlerin
hatte seit 1208 Visionen, die ihr auftrugen, in der Kirche die Einführung eines Festes
zur Verehrung der Eucharistie zu betreiben. Einige Jahre nach dem Tod der heiligen
Juliana führte das Bistum Lüttich 1246 tatsächlich das Fronleichnamsfest ein, und
bereits 18 Jahre später dehnte Papst Urban IV. die Feier des Leibes und Blutes Christi
auf die gesamte Kirche aus.
Seine Beliebtheit verdankt dieser Festtag vor
allem der reich geschmückten Prozession, bei der die Elemente der Eucharistie durch
die Straßen getragen werden. Unter einem reich geschmückten Baldachin trägt der Priester
bei der Prozession hoch erhoben die Monstranz mit dem Allerheiligsten. An vier im
Freien aufgebauten Altären werden Fürbitten gebetet, und der Priester erteilt den
Segen.
Papst Benedikt XVI. hat bei einer Generalaudienz 2010 in seiner Reihe
über große Frauengestalten der Kirche eine Katechese über Juliana von Lüttich gehalten.
Dabei sprach er auch über ihr geistliches Erbe, das Fronleichnamsfest. Hier einige
Auszüge:
„Juliana wurde zwischen 1191 und 1192 in der Nähe von Lüttich, in
Belgien, geboren. Es ist wichtig, diesen Ort hervorzuheben, denn in jener Zeit war
die Diözese Lüttich sozusagen ein wahrer »eucharistischer Abendmahlssaal«. Vor Juliana
hatten namhafte Theologen dort den herausragenden Wert des Sakraments der Eucharistie
erläutert, und in Lüttich gab es auch Gruppen von Frauen, die sich großherzig der
Verehrung der Eucharistie und dem eifrigen Kommunionempfang widmeten. Unter der Führung
von vorbildlichen Priestern lebten sie in Gemeinschaft und widmeten sich dem Gebet
und den Werken der Nächstenliebe.
Als Juliana im Alter von fünf Jahren verwaiste,
wurde sie zusammen mit ihrer Schwester Agnes der Obhut der Augustinerinnen des Klosters
und Leprosenhospitals Mont-Cornillon anvertraut. Sie wurde vor allem von einer Schwester
namens Sapientia erzogen, die ihr geistliches Heranreifen förderte, bis Juliana selbst
das Ordensgewand empfing und Augustinerin wurde. Sie erwarb eine beachtliche Bildung
und las sogar die Werke der Kirchenväter in lateinischer Sprache, insbesondere den
hl. Augustinus und den hl. Bernhard. …
Mit 16 Jahren hatte sie zum ersten Mal
eine Vision, die sich ihr später in der eucharistischen Anbetung mehrmals wiederholte.
In der Vision zeigte sich der Mond in seinem vollen Glanz, von einem dunklen Streifen
durchquert. Der Herr gab ihr die Bedeutung dieser Erscheinung zu verstehen. Der Mond
symbolisierte das Leben der Kirche auf der Erde, die trübe Linie dagegen das Fehlen
eines liturgischen Festes, für dessen Einführung Juliana sich tatkräftig einsetzen
sollte: ein Fest, bei dem die Gläubigen die Eucharistie anbeten konnten, um den Glauben
zu mehren, die Übung der Tugenden zu fördern und die Schmähungen des Allerheiligsten
Sakraments zu sühnen. …
Von den Heiligen verlangt der Herr jedoch oft, Prüfungen
zu überwinden, damit ihr Glaube zunimmt. So war es auch bei Juliana, die starken Widerstand
von seiten einiger Angehöriger des Klerus sowie des Oberen, dem ihr Kloster unterstand,
erdulden mußte. So verließ Juliana aus freiem Willen das Kloster Mont-Corillon mit
einigen Gefährtinnen und war zehn Jahre lang, von 1248 bis 1258, in verschiedenen
Zisterzienserinnen-Klöstern zu Gast. Sie erbaute alle durch ihre Demut, übte nie Kritik
oder Tadel an ihren Gegnern, sondern verbreitete weiterhin eifrig die Verehrung der
Eucharistie. Sie starb 1258 in Fossela-Ville in Belgien. In ihrer Zelle war das Allerheiligste
Sakrament ausgesetzt, und ihrem Biographen zufolge betrachtete Juliana im Sterben
mit letzter liebender Hinwendung den eucharistischen Jesus, den sie stets geliebt,
verehrt und angebetet hatte. Auch Jacques Pantaléon aus Troyes wurde für das gute
Anliegen des Fronleichnamsfestes gewonnen; er hatte die Heilige während seiner Amtszeit
als Archidiakon in Lüttich kennengelernt. Als er dann mit dem Namen Urban IV. Papst
geworden war, setzte er 1264 das Fronleichnamsfest als gebotenen Feiertag für die
Universalkirche ein, am Donnerstag nach Pfingsten. In der Einsetzungsbulle mit dem
Titel Transiturus de hoc mundo (11. August 1264) verwies Papst Urban sehr zurückhaltend
auch auf Julianas mystische Erfahrungen und bestätigte damit ihre Echtheit. ...
Der
Papst selbst wollte mit gutem Beispiel vorangehen und feierte das Fronleichnamsfest
in Orvieto, der Stadt, in der er damals residierte. Auf sein Geheiß hin wurde – und
wird noch immer – im Dom der Stadt das berühmte Korporale mit den Spuren des eucharistischen
Wunders verwahrt, das ein Jahr zuvor, 1263, in Bolsena geschehen war. Ein Priester
wurde während der Wandlung von Brot und Wein von starken Zweifeln an der Realpräsenz
von Leib und Blut Christi im Sakrament der Eucharistie befallen. Auf wunderbare Weise
begannen einige Blutstropfen aus der geweihten Hostie hervorzuquellen. Auf diese Weise
bestätigte sich das, was unser Glaube bekennt. Urban IV. bat einen der größten Theologen
der Geschichte, den hl. Thomas von Aquin – er begleitete damals den Papst und befand
sich in Orvieto –, die Texte für das liturgische Gebet dieses großen Festes zu verfassen.
Sie werden heute noch in der Kirche verwendet: Meisterwerke, in denen Theologie und
Poesie miteinander verschmelzen. Es sind Texte, die die Saiten des Herzens in Schwingung
versetzen, um dem Allerheiligsten Sakrament Lob und Dank zum Ausdruck zu bringen,
während der Verstand staunend in das Geheimnis vordringt und in der Eucharistie die
lebendige und wahre Gegenwart Jesu erkennt, seines Liebesopfers, das uns mit dem Vater
versöhnt und uns das Heil schenkt.
Zwar wurde nach dem Tod Urbans IV. die
Feier des Fronleichnamsfestes auf einige Regionen Frankreichs, Deutschlands, Ungarns
und Norditaliens beschränkt, aber ein anderer Papst, Johannes XXII., stellte es 1317
für die ganze Kirche wieder her. Seitdem hat das Fest eine wunderbare Entwicklung
erfahren und ist beim christlichen Volk noch immer sehr beliebt. Ich möchte mit Freude
darauf hinweisen, daß es heute in der Kirche einen »eucharistischen Frühling« gibt:
Wie viele Menschen verweilen still vor dem Tabernakel, um mit Jesus ein liebevolles
Gespräch zu führen! Es ist tröstlich zu wissen, daß nicht wenige Gruppen junger Menschen
neu entdeckt haben, wie schön es ist, das Allerheiligste Sakrament anzubeten. …Indem
wir uns an die hl. Juliana von Lüttich erinnern, wollen auch wir den Glauben an die
Realpräsenz Christi in der Eucharistie erneuern.“