Kirchen und Religionen können die Demokratie in EU stärken. Das betonte der EU-Kommissionspräsident
José Manuel Barroso beim 10. Treffen der EU-Spitzenvertreter und führender
Repräsentanten verschiedener Religionen in Brüssel. Kirchen und religiöse Gemeinschaften
könnten deutlich zur Reflexion beitragen, wie EU-Bürger stärker in demokratische Prozesse
einbezogen werden könnten, so Barroso. Das Treffen fand am Dienstag statt. Auch EU-Ratspräsident
Herman Van Rompuy und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nahmen daran teil.
Die
Delegation der katholischen Kirche leitete der Vorsitzende der EU-Bischofskommission
(ComECE), Kardinal Reinhard Marx. Er rief die EU auf, bei den Themen Arbeitslosigkeit,
Klimawandel und Migration zu handeln. „Wenn die EU konkrete Lösungen vorschlägt, dann
wird sie auch besser akzeptiert werden“, so der ComECE-Vorsitzende. Insbesondere nahm
Marx Bezug auf das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen Europa
und den USA. Es biete die Chance, auf der Grundlage gemeinsamer westlicher, christlich
geprägter Werte internationale Standards festzulegen. Zu den ethischen Fragen, die
hinter dem Freihandelsabkommen stünden, gehöre vor allem die Frage, wer von dem Abkommen
profitiere.
Europaparlaments-Vizepräsident Lazlo Surjan unterstrich
die Rolle der Kirchen in der Eurokrise. „Kirchen und religiöse Gemeinschaften waren
in der Krise eine Bastion gegen den Verfall sozialer Strukturen in Europa“, so Surjan.
Zudem hätten die Religionen zu einer moralischen Besserung des Kontinents geführt.
„Ihre Stimme zählt und muss gehört werden“, so der ungarische Politiker. Für die Zukunft
Europas sei es wichtig, Religion nicht nur historisch zu betrachten, sondern auch
zu sehen, dass sie für viele Bürger Quelle eines glücklichen Lebens sei.
Schweigeminute
und Appell Zu Beginn ihres Treffens legten die Teilnehmer eine Schweigeminute
für die Opfer des Angriffs auf das jüdische Museum in Brüssel am 24. Mai ein. Aus
Solidarität mit den Opfern der Bluttat des algero-französischen Islamisten Mehdi Nemmouche
und als Zeichen gegen Antisemitismus hatten am Montag Imame und muslimische Verbandsvertreter
aus Frankreich vor dem Museum eine Schweigeminute abgehalten.
Sorge um
Meriam Die EU-Spitzenvertreter und führenden Repräsentanten verschiedener
Religionen drückten am Dienstag zudem ihre Sorge um die im Sudan zum Tode verurteilte
Christin Meriam Yahya Ibrahim aus. Bei dem Treffen der Religionsführer in Brüssel
riefen die Teilnehmer am Dienstag die Verantwortlichen im Sudan auf, die Frau umgehend
freizulassen. Gemeinsam appellierten die Teilnehmer an die sudanesische Regierung,
die international anerkannten Menschenrechte der Religions- und Glaubensfreiheit einzuhalten.
Sie begrüßten den Schritt eines sudanesischen Berufungsgerichts, dem Aufruf von der
Regierung und Menschenrechtsorganisationen zu folgen und Strafen auf Verletzungen
der Glaubensfreiheit zu prüfen.
Ibrahim wurde im Mai von einem sudanesischen
Gericht zum Tode verurteilt, weil sie vom Islam zum Christentum übergetreten war.
Gemeinsam mit ihrem 20 Monate alten Sohn sitzt sie seither in Haft und brachte dort
ein weiteres Kind zur Welt.