Reaktionen aus Nahost: „Papst öffnet neue Horizonte“
Die Friedens-Anrufung
im Vatikan stößt auf positive Reaktionen im Heiligen Land: Die Einladung des Papstes
sei „unerwartet“ und gleichzeitig „eine große Geste“ gewesen, urteilt Pater David
Neuhaus vom Lateinischen Patriarchat in Jerusalem, im Gespräch mit Radio Vatikan .
Neuhaus ist für die Hebräisch sprechenden Katholiken zuständig; aus seiner Sicht haben
die Friedensgebete von Rom „neue Horizonte“ eröffnet.
„Was mich persönlich
am meisten beeindruckt hat, war, die Präsenz Gottes zu spüren. Wir merkten, dass Gottes
Geist in jenen Momenten im Vatikan wirkte und seinen Hauch zu unseren Ländern schickte.
Ich denke, dass nun ganz viele Gläubige im Heiligen Land neue Hoffnung schöpfen. Gott
kann vieles bewirken. Wo der Mensch versagt, da kann Gott weiterhelfen.“
Die
Bilder aus den Vatikanischen Gärten wurden auch in Israel und Palästina im Fernsehen
ausgestrahlt, berichtet P. Neuhaus.
„Wenn ich ehrlich sein soll, dann muss
ich sagen, dass während der gesamten Zeremonie – das gilt aber auch für deren Vorbereitung
– viele Israelis und Palästinenser verwirrt waren. Was macht jetzt der Papst? Was
will er? Das waren die gängigsten Fragen, die hier gestellt wurden. Das ist aber ein
gutes Zeichen, denn wenn die Menschen selbstsicher sind, dann riskieren sie, dass
sich dann doch alles blockiert, weil der Mensch meist selbstgenügsam ist. Wenn der
Mensch beginnt, Fragen zu stellen, dann gibt es meist Fortschritte.“
Religion
und Politik gehen im Heiligen Land Hand in Hand: Das dürfe man nicht unterschätzen,
so P. Neuhaus.
„Nun müssen wir uns überlegen, wie wir die Religion besser
einbringen können. Bisher war es ja leider so, dass die Religion vor allem dazu da
war, von der Politik instrumentalisiert zu werden. Die Religion galt bisher vor allem
als Argumentationsgrund für politische Handlungen. Der Papst hat bereits bei seinem
Besuch im Heiligen Land und nun beim Friedensgebt im Vatikan bewiesen, dass die Religion
die Politik unterstützen kann, Frieden zu schaffen. Das ist ein wichtiger Wendepunkt.“
Nächstes
Friedensgebet in Jerusalem?
Der Patriarchalvikar für Jerusalem, William
Shomali, sieht es ähnlich wie P. Neuhaus. Weihbischof Shomali hofft nun, dass es zu
weiteren Friedensgebeten mit Israelis und Palästinensern kommen wird. Er weiss, dass
Papst Johannes Paul II. einst mit seinem Traum gescheitert war, große Religionsführer
aus der Region im Heiligen Jahr 2000 zu einem Friedensgebet auf dem Berg Sinai zusammenzubringen.
„Das
Zustandekommen des Friedensgebetes ist ein Wunder: Dass der Papst es geschafft hat,
zwei – wir müssen das leider sagen – Feinde zu vereinigen, ist ein kleines Wunder.
Dass sie sich zu einem Moment des Gebets zusammentreffen, ist ein anderes kleines
Wunder. Sicher, jede Religion hat für sich gebetet, aber dennoch finde ich diese Geste
wunderbar.“
Es sei ein historisches Ereignis, was im Vatikan stattgefunden
habe, weil es erstmals zu einem solchen Treffen kam und auch weil es sich nicht um
eine rein politische Veranstaltung für den Frieden im Heiligen Land handelte, so Shomali.
„Das
Gebet geht sozusagen über die Spannungen, die es im Heiligen Land noch gibt, hinweg.
Doch wir müssen auch festhalten, dass das Friedensgebet im Vatikan und nicht in Jerusalem
stattgefunden hat. Jerusalem bleibt leider weiterhin eine Stadt voller Spannungen.
Ich hoffe deshalb von ganzem Herzen, dass das nächste Friedensgebet hier in Jerusalem
stattfinden wird.“