Als Jesus mit den Aposteln beim Letzten
Abendmahl sprach, sagte er, nach seinem Abschied von dieser Welt werde er ihnen ?das
Geschenk des Vaters? schicken, den Heiligen Geist. Dieses Versprechen realisiert sich
mit Macht am Tag von Pfingsten, wenn der Heilige Geist auf die Jünger herabkommt,
die im Abendmahlssaal versammelt sind. Diese Ausgießung des Geistes ist zwar außergewöhnlich,
aber sie ist nicht einmalig und auf diesen Moment beschränkt geblieben, sondern sie
ist ein Ereignis, das sich immer wiederholt hat und bis heute wiederholt. Der
zur Rechten des Vaters glorifizierte Christus fährt immer noch fort, sein Versprechen
zu erfüllen und auf die Kirche den belebenden Geist herabzuschicken, der uns lehrt,
uns erinnert und uns sprechen lässt.
Der Heilige Geist lehrt uns: denn er ist
der innere Meister. Er führt auf auf den rechten Weg, durch die Situationen des Lebens.
Er zeigt uns den Weg. In den ersten Zeiten der Kirche wurde das Christentum ?der Weg?
genannt, und Jesus selbst ist der Weg. Der Heilige Geist lehrt uns, ihm zu folgen,
in seinen Spuren zu gehen. Mehr als ein Meister der Glaubenslehre ist der Geist ein
Meister des Lebens. Sicher, zum Leben gehört auch das Wissen, das Kennen, aber
innerhalb des weiteren und harmonischen Horizontes der christlichen Existenz.
Der
Heilige Geist erinnert uns - er erinnert uns an alles, was Jesus gesagt hat. Er ist
die lebendige Erinnerung der Kirche. Und während er uns erinnern lässt, lässt er uns
die Worte des Herrn verstehen. Dieses Erinnern im Geist und dank des Geistes beschränkt
sich nicht auf eine Gedächtnisleistung, sondern es ist ein wesentlicher Aspekt der
Anwesenheit Christi in uns und in der Kirche. Der Geist der Wahrheit und der Barmherzigkeit
erinnert uns an alles, was Christus gesagt hat, er lässt uns immer tiefer eintreten
in den Sinn seiner Worte. Das verlangt von uns eine Antwort: Und je großzügiger unsere
Antwort ist, desto mehr nehmen die Worte von Jesus in uns Leben an, sie werden zu
Haltungen, Entscheidungen, Gesten, sie werden zu Zeugnis. Im Wesentlichen erinnert
uns der Geist an das Gebot der Liebe, und er ruft uns dazu auf, es zu leben.
Ein
Christ ohne Gedächtnis ist kein wirklicher Christ: Er ist ein Mann oder eine Frau,
die Gefangene des Augenblicks sind, der oder die aus seiner Geschichte keinen Schatz
heben kann, sie nicht als Heilsgeschichte zu lesen und zu leben weiß. Mit der Hilfe
des Heiligen Geistes hingegen gelingt es uns, die inneren Inspirationen und Vorgänge
des Lebens im Licht der Worte Jesu zu interpretieren. Und so wächst in uns die Weisheit
der Erinnerung, die Weisheit des Herzens, die eine Gabe des Geistes ist. Der Heilige
Geist möge in uns allen das christliche Gedächtnis neu beleben!
Der Heilige
Geist lehrt uns, erinnert uns und ? das ist ein weiterer Zug ? er lässt uns sprechen,
mit Gott und mit den Menschen.
Er lässt uns mit Gott im Gebet sprechen. Das
Gebet ist eine Gabe, die wir unentgeltlich empfangen; er ist Dialog mit Ihm im Heiligen
Geist, der in uns betet und uns erlaubt, uns an Gott zu wenden und ihn dabei Vater
zu nennen, Papa, Abba, und das ist nicht bloß eine Redensart, sondern die Wahrheit.
Wir sind WIRKLICH Kinder Gottes. Denn alle, die vom Geist Gottes geleitet sind, sind
Kinder Gottes (Rm 8,14). Und der Geist lässt uns auch mit den Menschen sprechen,
in einem geschwisterlichen Dialog. Er hilft uns, mit den anderen zu sprechen und in
ihnen Brüder und Schwestern zu erkennen; mit ihnen zu sprechen in Freundschaft, Zärtlichkeit,
und indem wir die anderen in ihen Ängsten und Hoffnungen, Traurigkeiten und Freuden
verstehen.