Vatikan/D: Roma und Sinti von alten Vorurteilen geprägt
Unsere Gesellschaft
soll offener mit Roma und Sinti sein. Das sagte der Papst am Donnerstag an die Teilnehmer
des Weltkongresses der Seelsorger für Roma, Sinti und verwandte Gruppen im Vatikan.
Franziskus´ Einstellung stand auch im Mittelpunkt des Treffens der Seelsorger, wie
uns der deutsche Vertreter beim Weltkongress sagte. Jan Opiela ist bei der Deutschen
Bischofskonferenz für die Seelsorgearbeit für Roma, Sinti und verwandte Gruppen zuständig.
„Ich
begrüße Sie ganz herzlich in der Sprache der Sinti „Latscho Dives“. Wir haben Teilnehmer
aus Argentinien, USA, und natürlich aus Indien, dem Herkunftsland der Sinti und Roma.
Wir beschäftigen uns damit, wie das Evangelium in Bezug auf die Lebenssituation der
Zigeuner, also der Sinti und Roma, umgesetzt werden kann, gerade auch unter der neuen
Perspektive, die der Papst Franziskus aufgebracht hat.“
Der Kongress, der
an diesem Freitag zu Ende geht, steht unter dem Motto: „Die Kirche und die Roma, Sinti
und verwandten Gruppen – das Evangelium in den Randgebieten verkünden“. Aus deutscher
Sicht seien die Randgebieten vor allem dort zu finden, wo die Gemeindestrukturen „drastisch
abgenommen“ haben, so Opiela.
„Wo ist der Mittelpunkt in unserer Kirche?
Ich vergleiche das mit einem Spiegelei: das gelbe ist in der Mitte und rundherum das
weiße. Ist das noch der Fall? Ist das gelbe nicht weitaus mehr verstreut und ist der
Mittelpunkt nicht weiß? Die Randgebiete sind eigentlich die Starken! Wo ist die Jugend,
wo sind die Akademiker? Leute in meinem Alter finde ich jetzt nicht viele in der Kirche.
Und so geht es den Sinti und Roma ebenso. Nur das diese sich in die ,verfasste´ Kirche
nicht unbedingt wiederfinden. Diese ,verfasste´ Kirche, also die institutionelle Kirche,
hat es aber auch geschafft, das viele offene Kräfte auch nicht mehr zu uns finden.“
Die
allgemeine Wahrnehmung der Roma und Sinti in Europa und besonders auch in Deutschland
sei von alten Vorurteilen geprägt: Sie gelten als wenig gebildet, arbeitslos und oftmals
Vertriebene. Der Großteil der Bevölkerung habe ein stereotypisches „Zigeuner-Bild“
im Kopf, so Opiela. Doch das entspräche nicht mehr der Realität, denn die deutschen
Sinti und Roma seien „ganz normale Deutschen, fühlen sich aber nicht unbedingt als
Deutsche“. Wie kann das Bewusstsein und die Außenwahrnehmung für diese Minderheiten
verbessert werden?
„Die Außenwahrnehmung kann verbessert werden, wenn die
Sinti und Roma sich mit ihrer Kultur in die Mehrheitsgesellschaft hin öffnen. Und
das ist bei uns in Deutschland leider nicht der Fall, die Sprache, die Kultur wird
immer noch als geheim empfunden, als „bitte nicht hineinschauen“ mit dem Hintergedanken,
wir sind im Dritten Reich von innen her aufgerollt worden und dadurch in die Vernichtungslager
gekommen.“
Der Begriff „Zigeuner“ werde ungern ausgesprochen, er wirke
diskriminierend und abschreckend gegenüber den Minderheiten. Die früher noch Zigeuner-Seelsorge
genannte Einrichtung der Bischofskonferenz verabschiedete sich deshalb von dem Begriff
und trägt heute den Titel „Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“. Doch
diese Begriffsunstimmigkeit sei ein „rein deutsches Problem“, erklärt Jan Opiela.
„Historisch
und etymologisch gesehen, kommt Zigeuner nicht von „ziehender Gauner“, sondern hat
eine ganz andere sprachliche Herkunft. Wir sagen Sinti und Roma, wobei seit 1971 der
Begriff auf einer Konferenz in London, der Begriff auf Roma festgelegt worden ist.
Nur wir haben die zwei Großgruppen Sinti und Roma, wenn wir Roma als Oberbegriff nehmen,
fühlen sich die Sinti immer diskriminiert. Denn Sinti und Roma, das muss man wissen,
lieben sich auch nicht besonders.“