2014-06-05 12:00:31

Papst trifft armenischen „Katholikos“


RealAudioMP3 Selten hat „Seine Heiligkeit“, der Papst, einen Besucher im Vatikan, den er ebenfalls mit „Heiligkeit“ anspricht. An diesem Donnerstag aber war das der Fall: Da kam das Oberhaupt der Armenisch-Apostolischen Kirche, Aram I., zu Franziskus. Aram ist seit 1995 „Katholikos“, also einer der Führer der sechs Millionen armenisch-orthodoxen Gläubigen. Die beiden „Heiligkeiten“ versicherten sich ihres guten Willens in Sachen Ökumene und beteten im Vatikan zusammen.

Für einen Moment war es ein Déjà-Vu: Vor vier Wochen hatte Papst Franziskus schon den anderen armenischen „Katholikos“, Karekin II., zu Besuch, vor zwei Wochen betete er in Jerusalem mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, diesmal traf er sich mit dem „Katholikos der Großen Kirche von Zilizien“. Aram, der schon Johannes Paul II. und Benedikt XVI. im Vatikan aufgesucht hat, engagiert sich sehr in der Ökumene, vor allem im Genfer Weltkirchenrat; dafür lobte ihn Papst Franziskus ausdrücklich.

„Ich will auch nicht den qualifizierten Beitrag verschweigen, den Eure Heiligkeit und Eure Vertreter zur gemischten Dialogkommission zwischen der katholischen und den orthodoxen Ostkirchen leisten. Lassen Sie mich sagen, dass uns auf diesem Weg zur vollen Einheit dieselben Hoffnungen und derselbe unermüdliche Einsatz verbinden – wir wissen, dass wir so den Willen unseres Herrn Jesus Christus erfüllen!“

„In der Wüste der Gleichgültigkeit“
Heikel wird es immer, wenn ein Papst auf den Massenmord an den Armeniern in der Türkei des frühen 20. Jahrhunderts zu sprechen kommt. Auch Papst Franziskus vermied in seiner Ansprache an diesem Freitag den sensiblen Begriff „Völkermord“.

„Eure Heiligkeit repräsentieren einen Teil der christlichen Welt, der zutiefst von einer Geschichte des Leidens und der Prüfungen gezeichnet ist... Die Armenisch-Apostolische Kirche sah sich dazu gezwungen, zu einem pilgernden Volk zu werden, wodurch sie auf einzigartige Weise das auf-dem-Weg-Sein zum Reich Gottes erlebt hat. Die Geschichte der Emigration, der Verfolgung und des Martyriums so vieler Gläubiger hat tiefe Wunden in den Herzen aller Armenier hinterlassen. Wir müssen sie als Wunden des Leibes Christi selbst sehen: Gerade dadurch werden sie für uns dann auch zur Ursache unerschütterlicher Hoffnung auf die fürsorgliche Barmherzigkeit des Vaters.“

Der Papst erinnerte an die „Gewalt und die Konflikte“, denen viele Christen im Nahen Osten ausgesetzt sind. Er mahnte zu mehr „Vertrauen und Hoffnung“ unter den Christen verschiedener Konfessionen und Riten:

„Oft drohen wir uns in den Wüsten der Gleichgültigkeit und des Gottesvergessens zu verlieren oder im Konflikt mit den eigenen Brüdern zu leben, oder aber in unseren inneren Kämpfen gegen die Sünde zu unterliegen. Als Jünger Jesu müssen wir lernen, demütig einer des anderen Last zu tragen.“

Aram I. war am 3. Juni nach Rom gekommen; er bleibt noch bis Freitag. Während seines Rom-Aufenthaltes führt er Gespräche mit dem Päpstlichen Einheitsrat und anderen Einrichtungen der Römischen Kurie. In der Armenisch-Apostolischen Kirche führen zwei Kirchenmänner den Titel „Katholikos“; einer residiert in Etschmiadzin, der andere in Antelias. Sie stehen in voller kirchlicher Gemeinschaft untereinander, leiten aber eigene Verwaltungen. Außerdem gibt es zwei Patriarchen: den von Jerusalem und den von Konstantinopel. Sie hängen in geistlichen Dingen vom „Katholikos“ aus Etschmiadzin ab. Zwischen der katholischen und der Armenisch-Apostolischen Kirche haben sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil neue Beziehungen entwickelt.

(rv 04.06.2014 sk)







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