2014-05-30 14:35:24

Österreich: „Ja sagen zu unserer Situation“


Nur mit einer positiven Einstellung zur Welt kann die Kirche ihren Kernauftrag der Verkündigung des Evangeliums erfüllen. Das betonte Kardinal Schönborn in einer programmatischen Ansprache zum Auftakt des Pfarrgemeinderätekongresses am Donnerstagabend in Mariazell. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz dankte den 500 Delegierten stellvertretend für die rund 30.000 ehrenamtlichen Pfarrgemeinderäte, die als Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils aus dem Leben der Kirche „nicht mehr wegzudenken sind“. Diese Form des Engagements sei „nicht selbstverständlich“, betonte der Kardinal im Rückblick auf „schwierige und leidvolle Jahre“ der Kirche.

In den Mittelpunkt seiner Rede stellte der Kardinal ein fünffaches Ja, das für einen missionarischen Aufbruch der Kirche ganz im Sinne von Papst Franziskus notwendig sei: „Wir müssen Ja zu unserer Zeit sagen, weil Gott diese Zeit und diese Welt liebt“, betonte der Wiener Erzbischof und sagte: „Jammern und Nostalgie hilft uns nicht weiter“. Es gelte die Welt „mit den Augen Jesu, mit seinem liebenden Blick zu sehen“.

Kein Aufbruch ohne Realismus

Damit verbunden sei ein notwendiges „Ja zu unserer Situation“, so Schönborn, der für Realismus hinsichtlich der kirchlichen Lage plädierte: „Das Glas ist nicht mehr ganz voll. Wir sind geschrumpft und werden weiter schrumpfen.“ Es sei Zeit, Abschied zu nehmen von der Kirche der 1960er- und 70er-Jahre. Zur neuen Situation gehöre aber auch, dass allein in Wien rund ein Drittel der Katholiken Menschen mit Migrationshintergrund seien. „Anderssprachige Christen sind ein integraler Bestandteil unsere Kirche in Österreich, die dadurch immer mehr zur Weltkirche wird“, sagte der Wiener Erzbischof. Dies müsse sich künftig auch auf der Ebene der Pfarrgemeinderäte zeigen.

Zum nötigen Realismus gehöre auch ein Ernstnehmen der demografischen Entwicklung: „Uns fehlt die Jugend in der Kirche, weil es einfach immer weniger Jugendliche gibt“, hielt der Kardinal nüchtern fest. Nur ein beherztes „Ja zur Situation“ biete die Voraussetzung, um positiv in die Zukunft zu gehen.

Das vom Zweiten Vatikanischen Konzil formulierte „gemeinsame Priestertum“ müsse durch ein „Ja zu einer gemeinsamen Berufung der Getauften und Gefirmten zur Heiligkeit“ realisiert werden, so der Kardinal weiter. Ein so verstandenes gemeinsames Priestertum, nehme dem Weihepriestertum nichts weg. „Jeder und jede ist ermächtigt Zeuge Christi zu sein“, dies gelte es zu leben. Dabei bräuchte es auch ein „Ja zum Prinzip Stellvertretung“. Es sei ein biblischer Grundsatz, „stellvertretend für viele andere zu stehen, zu beten, zu leben und Eucharistie zu feiern - auch und gerade als Minderheit“, sagte der Kardinal.

Ja zur gesellschaftlichen Verantwortung

Der Verkündigungsauftrag müsse sich schließlich in einem „Ja zu unserem gesellschaftlichen Auftrag“ erweisen, führte der Vorsitzende der Bischofskonferenz weiter aus. Dies zeige sich im sozial-caritativen Wirken der Kirche und in einem mutigen Auftreten in der Öffentlichkeit und in den Medien. Dies gelte nicht nur für die Bischöfe, sondern allgemein: „Wir müssen gemeinsam deutlicher werden“, so der Kardinal an die versammelten Pfarrgemeinderäte.

Als Leitfaden für einen kirchlichen Aufbruch bezeichnete der Kardinal am Ende seiner Rede das von Papst Franziskus verfasste Schreiben „Evangelii gaudium“. Dieser Text sei in seiner Weise „einzigartig“ und eröffne eine Perspektive, dass der Kongress „auch eine geistliches Ereignis“ wird, so der Wunsch des Kardinals.

Wallfahrt und Kongress der Pfarrgemeinderäte stehen unter dem Motto „Ermutigungen - Spannungsfelder – Zukunftsspuren“. Im Zentrum der bis Samstag dauernden Beratungen stehen Modelle und Projekte, in denen Laien in Eigenverantwortung ihren Glauben zeitgemäß leben und damit Menschen den Weg zur Kirche eröffnen.

(kap 30.05.2014 jb)








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